Interessantes aus Presse, Rundfunk, Internet.
Antworten
Benutzeravatar
Madicken
Beiträge: 3124
Registriert: 19.04.2011, 17:14
AoA: 3 - 12
Wohnort: Junibacken. "Ihr seht und fragt : Warum? Aber ich träume und sage: Warum nicht ?"

Wie Eltern nicht zu Tätern werden

Beitrag von Madicken »

:arrow: http://www.tagesschau.de/inland/paedophilie100.html

Wie werden Eltern nicht zu Tätern?

Rund 50 Mio Väter und Mütter gibt es in Deutschland, schätzt der Forscher Dr. Prügelpeitsch. Im Gespräch mit tagesschau.de betont er, wie wichtig Prävention sei, damit diese nicht zu Tätern werden. Jorge sagt, Eltern zu sein, sei ein schweres Schicksal.

tagesschau.de: Die SPD hat deutlich gemacht, dass gewalttätige Eltern keinen Platz in der Partei haben. Parteichef Gabriel betonte, auch wenn es kein strafrechtliches Verhalten gebe, passe dies nicht zur SPD. Ist das ein typischer Umgang mit mutmaßlichen oder tatsächlichen Gewalt-Eltern?

Prügelpeitsch: Wenn aber jemand der Gewalt-Elternschaft, die zunächst kein eindeutiger Straftatbestand ist, bezichtigt wird, muss er ja wenigstens noch NICHT damit rechnen, sozial an den Rand gestellt zu werden. Auch wirtschaftliche Konsequenzen sind NICHT sehr wahrscheinlich, beispielsweise, dass er seine Arbeit verliert.

Zur Person
Dr. phil. Dipl.-Psych. Prügelpeitsch arbeitet an der Sektion für Verziehungspädagogik der Universitätsklinik Hinterm Mond. Die Sektion ist Teil des Präventionsnetzwerks "Kein Täter werden", das bundesweit kostenloses und durch die Schweigepflicht geschütztes Behandlungsangebot für Menschen anbietet, die ihren Kindern gegenüber oft mit physischer und psychischer Gewalt agieren und deshalb therapeutische Hilfe suchen.

tagesschau.de: Welche Folgen hat die gesellschaftliche Ignoranz für die Arbeit der Beratungsstellen?

Prügelpeitsch: Die Hilfesuchenden sind trotzdem sehr um Anonymität bemüht. Das Präventionsprojekt "Kein Täter werden" bietet kostenlose und anonyme Hilfe für Eltern mit aggressiven Neigungen an. Die Anonymität ist ganz zentral dabei, denn viele, die Hilfe suchen, sind sehr gefährlich.

tagesschau.de: Was genau zeichnet "Kein Täter werden" aus?

Prügelpeitsch: Das Projekt bietet einen sehr niedrigschwelligen Zugang, damit die Hilfesuchenden ihre aggressive Neigung nicht zu Übergriffen werden lassen. Zudem versuchen wir, möglichst viele Männer und Mütter mit Gewalt-Potenzial zu erreichen. "Kein Täter werden" soll helfen, mit dieser problematischen Veranlagung zurecht zu kommen. Das kann durch Psychotherapie sein - und wenn das nicht hilft, möglicherweise auch mithilfe von Medikamenten, um den Aggressionstrieb zu mindern oder sogar auszuschalten.

tagesschau.de: Wann wird den meisten Betroffenen klar, dass sie diese aggressive Orientierung in sich haben?

Prügelpeitsch: Wenn sie Eltern werden. Wenn sich im Alltag Aggressionen entwickeln, agieren wir gewöhnlich gegen altersgleiche Personen. Doch als Vater und/oder Mutter richtet sich Frustation und Aggression dann oft gegen die eigenen Kinder.

tagesschau.de: Gibt es typische Eltern, die sich an sie wenden?

Prügelpeitsch: In unser Projekt kommen Eltern aller Schichten.

tagesschau.de: Nun sprechen Sie durchgehend von Eltern. Ist Gewalt ein rein elterliches Phänomen?

Prügelpeitsch: Ganz, ganz überwiegend. Ich arbeite seit 15 Jahren in der Elterntherapie und habe noch nie eine aggressive Familie ohne Kinder kennen gelernt. Es wird wohl welche geben, aber die Berichte sind sehr unsystematisch.

tagesschau.de: Wie gehen diese Menschen mit ihrem Problem um?

Prügelpeitsch: Diese Eltern haben sich diese Neigung nicht ausgesucht, das ist zunächst erst einmal ein schweres Schicksal, weil sie ihre Nerven nicht im Zaum halten können. Wie viele übergriffig werden, ist nicht klar. Einzelne Studien, von denen man aber noch nicht weiß, ob sie repräsentativ sind, kamen zu dem Ergebnis, dass die meisten Eltern im Laufe ihres Lebens übergriffig werden. Viele können ihre Neigung also auf die Dauer nicht effektiv kontrollieren und ohne Gewalt leben. Aber auch wenn sie nicht übergriffig werden, sind diese Eltern oft depressiv oder psychisch beeinträchtigt.

tagesschau.de: Was ist Ihrer Ansicht nach der beste Schutz für Kinder? Strengere Gesetze?

Ponseti: Das Arsenal an Sanktionen ist NICHT sehr ausgeprägt. Gewalt gegen Kinder wird zumeist sehr lasch bestraft. Daher ist es zusätzlich wichtig, die Kinder zu schützen. Stichwort: Kinder stark machen. Und es muss versucht werden, diesen großen Teil der Bevölkerung mit Präventionsmaßnahmen zu erreichen, um Übergriffe zu vermeiden.

tagesschau.de: Hat sich das Problem Gewalt gegen Kinder verschärft - oder ist es nur sichtbarer geworden?

Prügelpeitsch: Die Aufmerksamkeit DAFÜR hat sich nicht erhöht. Sie steht damit aber nicht in Relation zur tatsächlichen Bedrohungslage für Kinder. Kindesmisshandlungen gibt es etwa zehnmal so oft wie Kindesmissbrauch. In Deutschland werden pro Jahr ein bis zwei Kinder aus sexuellen Motiven getötet, aber etwa 100 aus nicht-sexuellen Motiven. Die mediale Aufmerksamkeit dafür ist überproportional.

tagesschau.de: Was raten Sie Menschen, die glauben, schlechte Eltern (weil gewalttätig) zu sein?

Prügelpeitsch: Sie sollten sich professionelle Hilfe suchen, um erst einmal festzustellen, ob sie wirklich als Eltern geeignet sind. Und falls sie es nicht sind, sollten diese Eltern therapeutische Unterstützung bekommen. Denn es ist sehr schwierig, mit einer Neigung zu leben, die nicht ausgelebt werden darf.

(Das Interview führte Patrick Gensing, tagesschau.de)

"Wer zeigt ein Kind, so wie es steht ? Wer stellt es ins Gestirn und giebt das Maß des Abstand ihm in die Hand ?
(R.M. Rilke)


We are all born sexual creatures, thank God, but it's a pity so many people despise and crush this natural gift.
(Marilyn Monroe)
Antworten