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Nabokov
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5 Tage für Kinderpornografie – Wende in den USA?

Beitrag von Nabokov »

NBCNews 1. Feb. 16

Ein Mann aus Brooklyn, den bis zu 10 Jahre wegen downloading von Kipo erwarteten, wurde von einem Bundesrichter zu 5 Tagen verurteilt. Der Richter kritisierte die Richtlinien für die Bestrafung, weil sie eine Unterscheidung zwischen gefährlichen Rechtsbrechern und solchen, die kaum eine Bedrohung darstellen, vermissen liessen.

Richter Jack Weinstein schrieb eine 98-Seiten-Erklärung, warum er die Richtlinien umging und entschied, den Mann nicht ins Gefängnis zu stecken, der zwei Dutzend Fotos und Videos besass, wobei einige den Mann zeigen, wie er ein drei Jahre altes Mädchen sexuell angeht.

„Den Mann von seiner Familie zu entfernen würde den Interessen der Justiz nicht gerecht werden,“ schrieb Weinstein.

„Es würde seinen Kindern ernsthaften Schaden zufügen, wenn man ihnen einen liebenden Vater und ein Rollenmodell entziehen würde, und es würde den Mann um die Gelegenheit bringen, durch kontinuierliche Behandlung und die Unterstützung seiner Familie zu gesunden.“

Seine Meinung, über die zuerst im New York Law Journal berichtet wurde, ist die neueste Salve in einem Krieg darüber, ob die Strafen für den Besitz von Kinderpornografie zu hart geraten sind.

„Die existierenden Richtlinien,“ so schrieb Weinstein, „balancieren den Anspruch, die Oeffentlichkeit zu schützen, uns insbesondere die Jugendlichen, nicht angemessen gegenüber dem Anspruch, exzessive Bestrafung zu vermeiden.“

Vertreter der Opfer von Kindesmissbrauch zeigten sich bestürzt über Weinsteins Argumentation.

„Ich denke, die Meinung von Richter Weinstein verharmlost den Schaden, der den Opfern solchen Verbrechens durch das blosse Anschauen ihrer Bilder angetan wird. Das ist eine grobe Verletzung der Privatheit und ein Eindringen in ihre Intimsphäre, was sie lebenslang traumatisiert,“ sagte Paul Cassel, ein ehemaliger Bundesrichter, der jetzt Professor für Recht an der Universität von Utah ist.

Detektive hatten sich 2013 aus Entfernung mit dem Computer des Mannes verbunden und vier Fotos und Videos herunter geladen, welche den Mann zeigten, wie er gerade in einen sexuellen Akt mit Mädchen engagiert war, darunter eine Dreijährige und eine Fünfjährige, und sie ergriffen weiteren Porn auf einem USB flash drive aufgrund eines Durchsuchungsbefehls.

Jennifer Freeman, eine Anwältin, die Kinderporn-Opfer für ihre Wiedergutmachungsansprüche vertritt, bezeichnete Weinsteins Meinung als Hetzrede und warf ihm vor, das Spezielle eines einzelnen Falles zu benutzen, um das ganze System der Strafbemessung zu verunglimpfen.

„Im Grunde sagt er, dass es keine höhere Strafe wert sei“, meinte sie, wollte aber nicht kommentieren, ob der von Weinstein verurteilte Mann mehr Strafe als fünf Tage verdient habe.

Der Verurteilte sagte, dass er etwas Falsches gemacht habe und sich dafür schäme, dass es jedoch nichts gebracht hätte, ihn einzuschliessen, weil dann seine Familie auf die Strasse gestellt worden wäre.

„Sie sollte illegal sein“, sagte er über Kinderpornografie. „Kein Kind sollte durch dieses Geschehen hindurch gejagt werden.“ Er fügte aber bei, dass er nie physisch etwas tun würde. Er habe nie auch nur einen Gedanken daran gehabt.

Weinstein antwortete nicht auf eine Anfrage um einen Kommentar. Bundesrichter sagten, sie hätten keinen Kommentar.

http://www.nbcnews.com/news/us-news/jud ... sh-n507406

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Deutet sich eine Wende an in der Bewertung von Kipo und sexuellen Handlungen mit Kindern durch die amerikanische Justiz? Erst neulich wurde der Vater eines 6jährigen, an Krebs erkrankten Mädchens wegen sexuellen Umgangs mit diesem nicht ins Gefängnis geschickt, damit er für seine Familie sorgen kann. Das milde Urteil war nicht zuletzt aufgrund einer Bitte der Ehefrau zustande gekommen.

Finkelhor, der Urvater der Missbrauchsforschung, äusserte sich dazu in dem Sinne, dass solche Urteile häufiger gefällt würden, als bekannt sei. Die Leute müssten sich von der Vorstellung trennen, dass die Opfer ihren Vater oder Grossvater unbedingt im Gefängnis schmoren sehen wollten. Wichtiger sei ihnen, dass der Missbrauch aufhöre und der Täter sich entschuldige. Es sei wichtig, bei der Strafe auch den Gesichtspunkt des Kindes einzubeziehen.

Die Leiterin eines Projekts für die Prävention von Kindesmissbrauch in Indiana (wo sich dieser Fall zutrug) wies darauf hin, dass die Reaktionen von Missbrauchsbetroffenen sehr individuell seien.

http://www.indystar.com/story/news/crim ... /81217630/

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„Kinderpornografie“ besteht in den USA als gesetzliche Kategorie erst seit 1982, als das Bundesgericht in der Sache „New York gegen Ferber“ entschied. Siehe dazu Amy Adler:*

Das zwiespältige Gesetz der Kinderpornografie.“ Vor allem Teil II:
„Schaffung des Gesetzes“

http://wp.me/p1dd3E-1j

*) Amy Adler ist Professorin für Recht an einer New Yorker Hochschule, spezialisiert auf Kinderpornografie, Recht der Kunst, usw. (Amy A. Ist eine kluge, kritische Frau, die sehr locker vom Hocker zieht gegen die amerikanische Rechtsprechung und in ihrem Paper Zug für Zug die Theorie entwickelt, dass die Justiz mit der Verfolgung von Kipo so ziemlich das Gegenteil von dem erreiche, was sie anstrebt, womit sie nicht meint, dass sich Kipo dadurch in dunkle Nischen verziehe, sondern dass sie uns alle dazu erziehe, jedes Bild von einem Kind mit pädophilem Auge zu betrachten.)
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