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gelöscht_17
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Film-Tipp: "The Innocents" von 1961

Beitrag von gelöscht_17 »

"The Innocents" (der deutsche Titel ist mal wieder gewohnt-albern "Schloß des Schreckens") ist ein englischer Horrorfilm von Jack Clayton aus dem Jahr 1961. Als literarische Vorlage diente die Novelle "The Turn of the Screw" von Henry James.

Warum ein Film-Tipp über einen Film von 1961, also einem Film, der vermutlich älter ist als 85-90% der Forumuser?

Ganz einfach: Weil dieser Film brillant ist! Die Kulissen und Kostüme sind sowas von passend für einen SW-Gruselfilm, alles stimmt bis aufs kleinste Detail, die aufgebauschten Kleider, das Interieur des alten Hauses, selbst Dinge wie der Tintenstempel zum Abtrocknen eines frisch mit der Feder geschriebenen Briefs fehlt nicht. Die Stimmung ist von Anfang an so unheimlich und gruselig, wie das in heutigen Filmen eigentlich gar nicht mehr zu sehen ist. Dieser Film ist ein Kunstwerk und ein Juwel seiner Klasse, wer auf alte Gruselfilme steht, MUSS diesen Film lieben!

Die Handlung: Miss Giddens wird vom kinderfeindlichen Onkel eines Geschwisterpärchens als Gouvernante engagiert. Sie ist eine Vorzeige-Gouvernante, ihr berühmtes Briefzitat am Anfang könnte vermutlich von den meisten Usern hier unterschrieben werden:

"Mehr als alles in der Welt liebe ich Kinder."

Als sie zum Besitz des Onkels kommt, wird sie gleich von dessen morbiden Charme gefangen genommen, das schier unendlich grosse, düstere Haus, der See mit dem Schilf, alte, knorrige Bäume, selbst ein paar unheimlich wirkende Statuen im Garten fehlen nicht.

Sie lernt zunächst Flora kennen, die ca. neunjährige Enkelin und offenbar ein Sonnenschein erster Güte, bildhübsch, in altertümliche Kostüme gewandet, lange, wellige Haare. Viel reizender könnte sie wohl kaum sein. Sie und Miss Giddens kommen auf Anhieb bestens zurecht.

Dann folgt der Auftritt von Miles, dem ca. elfjährigen Bruder Floras, ein Junge, der zunächst wie jeder andere wirkt, doch scheinbar hat er es faustdick hinter den Ohren, denn Miss Giddens muss erfahren, dass er vom Internat entfernt wurde, weil er eine Gefahr für die anderen Kinder sei. Die Gouvernante kann das bei diesem charmanten, aber auch etwas sonderbaren Jungen kaum glauben.

Neben Miss Giddens lernen wir noch Miss Gross kennen, eine altertümliche Haushälterin, eine Seele von einem Menschen, wenn auch des Lesens nicht mächtig und auch generell etwas grenzdebil. Von ihr erfährt die Gouvernante nach und nach die Geschichte ihrer Vorgängerin Miss Jessel, die gegenüber Flora nicht erwäht werden darf, da diese sie sehr geliebt hatte. Miss Jessel ist auf mysteriöse Weise zu Tode gekommen. Später erfahren wir, dass sie ein Verhältnis mit dem früheren Hausherrn (oder Hausmeister) hatte, der ein echter Ekelbrocken und Sadist gewesen sein soll. Er starb unter ungeklärten Umständen, man munkelte, dass er im Suff im Park im Winter hingefallen und gestorben ist. Gefunden wurde er von Miles, was wiederum dessen sonderbares Gemüt erklärt.

Nach und nach merkt man, dass Miss Giddens sich mehr als für sie gesund wäre für das Skandalpaar interessiert. Sie sieht den Bösewicht durch das Fenster starren und entdeckt Miss Jessel im Schilf beim See.

Es folgen noch ein paar unheimliche Begegnungen mit den beiden, und nach und nach kommt Miss Giddens zu der Überzeugung, dass diese Verliebten die Kinder mehr beeinflusst haben, als gut für sie ist. Denn die Kinder legen mehr und mehr sonderbare Eigenschaften an den Tag.

Eine Szene mit Flora möchte ich mal wiedergeben, Miss Giddens und Flora sitzen am See, Flora spielt vor sich hin und fragt irgendwann, ob ihre Schildkröte wohl schwimmen kann. Die Gouvernante verneint dies, woraufhin Flora einen düster-diabolisch-unschuldigen Blick an den Tag legt und sagt: "Das dachte ich mir auch." Daraufhin greift sie ins Wasser und zieht die Schildkröte hervor, aus deren Öffnungen das Wasser fliesst.

Es gibt noch etliche gruselige Szenen mit den Kindern, und man merkt, dass Miss Giddens immer besessener wird, was ihre Vorgängerin und den fiesen Geliebten angeht. Sie unterstellt schließlich den Kindern, von den beiden verdorben worden zu sein und steigert sich immer weiter in diesen Glauben hinein.

Man erfährt bis zum Schluss nicht, ob an ihrem Verdacht etwas dran ist oder ob sie schlicht und einfach allmählich wahnsinnig wird.

Die berühmteste Szene sollte natürlich auch noch erwähnt werden, als Miss Giddens Miles zu Bett bringt und ihn zudeckt. Sie reden etwas, und plötzlich umarmt und küsst der Junge die Gouvernante, der Kuss scheint deutlich zu lang und intensiv zu sein. Diese Szene hat Kate Bush zu ihrem Song "The Infant Kiss" inspiriert. Bei YouTube gibt es ein fanmade Video, bei dem dieses anrührende und vieldeutige Lied mit Szenen des Films verbunden wurde.

:arrow: http://www.youtube.com/watch?v=KUTkdw4C0XA

Es gäbe noch vieles über diese Perle der Cinematografenkunst zu berichten, aber meine Worte reichen einfach nicht aus, um so ein Meisterwerk zu beschreiben.

Für den Pädo interessant wäre vielleicht noch eine Badewannenszene, allerdings bekommen wir von Flora nur wenig zu sehen.

Ansonsten ist noch das Lied erwähnenswert, das Flora ständig vor sich hinsingt, es eröffnet den Film und taucht währenddessen immer wieder auf, auch Miles spielt es schließlich auf dem Klavier. Achja, und eine Spieldose hat ebenfalls diese wunderschöne Melodie auf Lager.

Die beiden Kinder spielen ihre Rolle so genial, dass man echt Gänsehaut bekommt. Diese Blicke, diese Mimik. Dagegen können sich viele heutige Kinderschauspieler nicht behaupten.

So, jetzt müsst ihr nur noch darauf warten, dass der Film mal wieder im TV kommt, ich sah ihn als Kind und konnte mich schon damals nicht dieser myteriösen Stimmung entziehen. Wer einen Newsserver hat, kann den Film in der deutschen Fassung saugen, alle anderen haben leider gelitten...

Nosfi
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