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naylee
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Happy End (Film)

Beitrag von naylee »

Happy End ist ein recht eigenwilliger Film mit der starken Handschrift des Regisseurs Michael Haneke (Das weiße Band). Ein Regisseur, der den Zuschauer ernst nimmt und ihm das Verstehen nicht erleichtern und ihn nicht in eine bestimmte Richtung führen will. Er lässt den Zuschauer arbeiten und versetzt ihn in seinen Kopf.

Es geht im Grunde genommen um die bourgeoise Familie eines bereits pensionierten Bauunternehmers. Alle sind sehr beschäftigt mit Familienproblemen, es gibt Geheimnisse, vieles wird verschwiegen und die Außenwelt wird nicht wahrgenommen. Die Geschäfte laufen nicht gut, die Kinder machen nicht das, was sie sollen, und dann kommt noch eine Enkelin (Fantine Harduin als Eve) dazu. Diese Enkelin ist sehr sanft und sehr hübsch und sehr gefährlich. Sie ist diejenige, die die Scheußlichkeit der Familiendynamik für den Zuschauer greifbar macht.

Der Film eröffnet damit, wie sie ihren Hamster vergiftet und dies als Handyvideo ins Internet stellt. Der Regisseur zieht damit im Making-Of eine Parallele zum Beichten in der Kirche: Wer sieht es, wer hört es? Das Gewissen ist erleichtert und die Anonymität ist dennoch gewahrt. Sie ist die Reinheit und die Wahrheit in Person, obwohl sie ein Monster ist, sie ist sehr lieb und gerade deshalb sehr gefährlich. Letztendlich erzählt sie uns damit etwas über unser Bedürfnis, für unsere Taten bestraft zu werden.

"Wir tun zwar nichts anderes als ununterbrochen miteinander zu kommunizieren, oder miteinander zu reden, aber wir reden natürlich immer aneinander vorbei. Aber das ist das menschliche Drama per se. Es ist nur durch diese Welt der Oberflächlichkeit, in der wir nunmal behaust sind, der sogenannten Ersten Welt, da ist das natürlich noch krasser. Also die Wahrnehmung des anderen ist ersetzt durch die Oberfläche."
- Michael Haneke im Making-Of -


Alle Familienmitglieder haben die Sehnsucht dieses Leben, was sie gerade leben, hinter sich zu lassen. Den richtigen Weg zum persönlichen Happy End jedoch findet niemand. Am stärksten wird dieser Aspekt durch die Enkeltochter verkörpert, die nicht gesehen wird, die einfach nur anwesend ist und in ihrer ruhigen, in sich gekehrten Art auch nicht vermag, ihre Umwelt auf sich aufmerksam zu machen. Auf mich wirkt sie mit ihrem ersten Auftritt depressiv und der Eindruck verdichtet sich im Laufe des Filmes immer weiter. Sie ist die Figur, die den Film sehr stark vorantreibt und letztendlich zu einem offenen Ende führt. Dabei glänzt sie durch eine schauspielerisch durchdringende Darstellung ihrer Figur, sie zeigt den Schmerz ihrer kleinen Seele vor der Kamera und bleibt dabei emotional immer unantastbar, als ob sie diesen Schmerz selbst gar nicht fühlen würde. Ihr hübsches, elfenhaftes Gesicht ist dabei vielschichtig und nichtssagend gleichzeitig.



Trailer: https://youtu.be/ZIjJcgolccQ
Wie nur kann ich derjenige sein, vor dem die Kinder dieser Welt gewarnt werden, von dem sie sich fernhalten sollen, wenn sie doch meine Gegenwart ganz und gar erbaulich finden?
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