Re: Kritisches Wörterbuch der Sexualwissenschaft
Verfasst: 06.01.2013, 09:57
Neutrale Wissenschaft ist erwähnenswert. Unfreie nicht.
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Ok, habe vlt. etwas missverständlich ausgedrückt.Cocolinth hat geschrieben: IMO war/ist der Sozialdarwinismus weniger ein Ergebnis schlechter Wissenschaft
Cocolinth hat geschrieben: sondern eher ein Ergebnis schlechter Philosophie.
Nun ja. Die Frage ist, ob man die Sparte der Philosophie in der es um menschliches Zusammengehen geht, nicht selbst auch verwissenschaftlichen kann?Cocolinth hat geschrieben: Überhaupt kann man sagen, dass echte Wissenschaft an sich NIE irgendeine Handlungsanweisung (also eigentlich: eine Ethik) liefern kann. Denn sie ist objektiv/neutral. Wertungen im Sinne von "gut" und "schlecht" gehen ihr am Arsch vorbei.
Nee. Der Mond ist der Hauptauslöser der täglichen Flut (Jahreszeitlich hat die Sonne einen minimalen Einfluss auf den Pegel). Und durch das selbe Prinzip wirken die Planeten auf die Sonne. Die Oszilationen oder Zyklen der Sonnenaktivität (kurz, mittel- und langfristig) lassen sich statistisch beweisen.Mitleser hat geschrieben:Nein, haben sie nicht, der gravitative Einfluss der Planeten auf die Sonne ist minimal. Umgekehrt "spüren" die Planeten aber durchaus Auswirkungen der Sonne, zum Beispiel ist diese neben dem uns relativ nahe stehenden Mond der Hauptauslöser für Ebbe und Flut.
Du siehst: Um eine Ethik kommst Du nicht vorbei. Die kommt vor der Wissenschaft, und somit die Philosophie.Ovid hat geschrieben:Für eine Wissenschaft menschlichen Zusammenlebens bräuchte man auch erstaunlich wenig Prämissen. Man müsste sich nur darauf einigen, dass die flächendeckende Optimierung menschlichen Wohlergehens das anzustrebende Ziel sei.
Nein! Auch das sind lediglich deskriptive Aussagen ohne normativen Wert!(Meta-)Wissenschaft liefert - mal abgesehen davon - natürlich auch andere Formen von Handlungsanweisungen. Beispielsweise wie man Wissenschaft richtig betreibt, wie man richtig forscht, beobachtet, misst, rechnet usw.
Kann man aber nicht.Zumindest hat es den Vorteil, dass man damit dem Hoheitsanspruch von Religionen über die Fragen der Werte und Moral anfechten kann.
Njein. Nur im zweiten Schritt, nachdem man sich auf bestimmte Prämissen geeinigt hat, in welche Richtung diese partikulare Wissenschaft der Werte gehen soll.Cocolinth hat geschrieben: Indem Du hier einfach so eine Prämisse voraussetzt, übergehst Du schlicht den Wertedialog und erklärst einen partikularen humanistischen Slogan zum Gewinner.
Wenn Du das annimmst, hast Du einen unendlichen Regress, bei dem vor der Philosophie stets eine weitere Philosophie steht.Ovid hat geschrieben:In beiden Fällen bedarf es also irgendeiner Form von Fundament, welches sich nicht wissenschaftlich ermitteln lässt.
Klar. Doch musst Du eben sehen, dass genau dies ein Argument im philosophischen, vor-wissenschaftlichen Diskurs ist, den Du zwar ignorieren kannst, doch vermutlich nicht ignorieren willst.Fühlt sich ungewohnt an, aber möglicherweise hat er da schon Recht.
Sowohl religiöse als auch nicht-religiöse Menschen würden größtenteils zubilligen, dass Wohlergehen von Menschen gut ist.
Fraglich.Nur den Weg dahin hat Religion für sich beansprucht. Da sagt Sam Harris: Nö. Wissenschaft kann den Weg dahin besser ermitteln.
Ja. Ich würde zustimmen, dass Philosophie verschiedene Teildisziplinen innehat, die die Erstbegründungen für die nachfolgenden Wissenschaften liefern (und innerhalb dieser Disziplinen musste man, wie du sagtest, leider auch immer in Kauf nehmen, dass sich nichts abschließend begründen lässt -> Münchhausen-Trilemma)Cocolinth hat geschrieben: Wenn Du das annimmst, hast Du einen unendlichen Regress, bei dem vor der Philosophie stets eine weitere Philosophie steht.
Lässt sich jedoch einfach als "Philosophie" zusammenfassen, die also stets, egal wie weit Du in der Kette zurückgehst, den ersten notwendigen Schritt bedeutet. Vor der Philosophie also *keine* Philosophie. Und auch an diesem Argument selbst kannst Du sehen, dass der Regress stets in einer philosophischen Fragestellung mündet.
Ganz ignorieren will ich das sicher nicht. Ich messe dem aber "nur" ein ebenso großes oder eben nicht so großes Gewicht bei, wie den Erstbegründungen der Naturwissenschaften.Cocolinth hat geschrieben: Klar. Doch musst Du eben sehen, dass genau dies ein Argument im philosophischen, vor-wissenschaftlichen Diskurs ist, den Du zwar ignorieren kannst, doch vermutlich nicht ignorieren willst.
Klar. Diesen Kampf gilt es auf dialektischer Ebene zu gewinnen. Der philosophische Diskurs, den du meinst.Cocolinth hat geschrieben: Diesen schwierigen, da nicht wissenschaftlich klärbaren Diskurs können Du und Harris nur solange ignorieren, wie Ihr es nur mit solchen Leuten zu tun habt, die sich über sein Fazit ohnehin (stillschweigend) einig sind.
Jopp (und mir auch).Cocolinth hat geschrieben: Überhaupt kann man sagen, dass echte Wissenschaft an sich NIE irgendeine Handlungsanweisung (also eigentlich: eine Ethik) liefern kann. Denn sie ist objektiv/neutral. Wertungen im Sinne von "gut" und "schlecht" gehen ihr am Arsch vorbei.
Ne, die augenblicklich wohl am weitesten verbreitete Wissenschaftsphilosophie tut das schließlich nicht.Ovid hat geschrieben: Bei den Naturwissenschaften muss man sich beispielsweise darauf einigen, dass die Induktion beobachteter Naturregeln zulässig ist.
Der einzige Umstand, der hier zur Verwirrung führt, ist, dass man bei den Naturwissenschaften praktisch keine andere Wahl hat, als diese Vorannahme als gültig anzusehen.
Das geht jedoch am Thema vorbei.Ovid hat geschrieben:(und innerhalb dieser Disziplinen musste man, wie du sagtest, leider auch immer in Kauf nehmen, dass sich nichts abschließend begründen lässt -> Münchhausen-Trilemma)
Das gilt aber wie gesagt sowohl für Naturwissenschaften als auch für die Wissenschaft der Ethik.
Das liegt bei der Philosophie in der Natur der Sache. Eine solche Methologie kriegt man nicht hin, weil die Philosophie der erste Schritt ist und selbst keinen philosophischen (zwecklichen) Bezugspunkt außer sich selbst hat (im Ggs. zur Wissenschaft, wie dargelegt).Diese Festlegung der Methodologie (von mir aus im philosophisch-vorwissenschaftlichen Diskurs) vermisst man in der Ethik schmerzlich. Folglich wird sie heute noch dominiert von Theologie und Spiritualität - etwas, was in allen anderen Fächern zu größten Teilen verdrängt wurde.
Da würde ich nicht drauf bauen, dass das so vernachlässigbar ist. Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Gesellschaft von der Wissenschaftlichkeit abkehrt und sich für einige Jahrhunderte nur noch um "Gottgefälligkeit" sorgt, bis sie bemerkt, dass sie doch was gegen ihre ständig verreckenden Babies unternehmen muss -- oder eher: möchte -- und in der Verzweiflung den ollen Scharlatan, den Hexenmeister, den Medizinmann konsultiert. DANN schlägt wieder die Stunde der Wissenschaft. Es ist im Grunde die Geschichte einer Verführung. (Pädo- UND Bibelrelevant!)Einige Auswüchse florieren zwar noch in der Biologie und Physik, wie beispielsweise der Kreationismus bzw. die Neuauflage Intelligent Design; aber ansonsten ist das ziemlich vernachlässigbar.
HA!Klar. Diesen Kampf gilt es auf dialektischer Ebene zu gewinnen. Der philosophische Diskurs, den du meinst.
Harris meint aber - entgegen seiner Kritiker - dass man diesen Diskurs auf kurz oder lang auf säkularer und humanistischer Ebene gewinnen kann, so ähnlich wie man sich damals auch über die Dominierung der Naturwissenschaften durch die Kirche hinweggesetzt hat.
Ja, so dachte ich ja bisher auch. Versuche ich das ganze aber von uns bewussten Wesen zu abstrahieren, die der Ethik subjektiv eine Sonderbedeutung zusprechen, dann trifft die doch Analogie auch bei den Naturwissenschaften.Cocolinth hat geschrieben: Das geht jedoch am Thema vorbei.
Es geht hier nicht um die Begründbarkeit aus sich selbst heraus, sondern ob Wissenschaft an und für sich ethische Werte generieren kann. Das kann sie nicht. Dazu braucht man zuerst eine Philosophie (also Weltanschauung).
Übergehen würde ich nicht sagen. Ihn zu gewinnen trifft doch viel eher zu.Cocolinth hat geschrieben: Das Risiko eines Rückfalls ins Finstere Mittelalter steigt sicherlich eher, wenn man wie Du und Harris versucht, den vorwissenschaftlichen Diskurs zu übergehen.
Das habe ich auch nicht behauptet.Cocolinth hat geschrieben: Das hat die Naturwissenschaft doch nicht auf säkular humanistischer Ebene hingekriegt!
Du bist naiv. Geld regiert: Staat und Unternehmen bezahlen ethisch geprägte Vorzeigeprojekte wie“ kein Täter werden“. Die Sponsoren wollen moralisch gut ankommen und wissenschaftliche Korrektheit interessiert kein Stück. Wer gegen die Ethik ist, wird ersetzt oder fertig gemacht.Ovid hat geschrieben: Aber ich hoffe ich habe zumindest ein wenig zeigen können, dass der Sprung zu einer Ethik, die mehr wissenschaftliche Kriterien erfüllt als bisher, nicht so schwer sein sollte, wie es allgemein immer hingenommen wurde.