Ok. Mehrere Gedankengänge hier.
Erst einmal nur rein begrifflich-analytisch:
Mitleser hat geschrieben:"Fiktiv" wird in den Gesetzestexten aber nicht spezifiziert, es dient lediglich als Begriff zur Abgrenzung zu "tatsächlichem" und "wirklichkeitsnahem" Geschehen.
Wenn fiktiv nicht spezifiziert wird, dann wird die lexikalische Definition benutzt.
Es geht also um die "Erfundenheit" von Situationen, Personen, Objekten und Szenen - ganz egal ob die Existenz einer solchen Szenerie und Geschehnis potentiell möglich ist oder nicht. Es wird durch die allein geistige "Schöpfung" davon ausgegangen, dass das fiktive Werk in der Realität nicht existiert.
Es sagt aber nichts darüber aus, ob es potentiell möglich sei, dass dieses fiktive Geschehen existieren könnte. Das kann es oder eben nicht. Allein die Erfundenheit ist hier von Bedeutung, weswegen der Begriff der Wirklichkeitsnähe erst notwendig wird.
Tatsächlichkeit (Faktualität) und Fiktivität schließen sich also aus.
Dagegen tun Wirklichkeitsnähe und Fiktivität das nicht.
Wirklichkeitsnähe ist der Begriff, der notwendig ist, um die Möglichkeit der Existenz einer fiktiven Darstellung in unserer Wirklichkeit zu beschreiben.
Und dies beschränkt sich auch nur auf die pornographischen Darstellung per se. Lolicon auf dem Saturn wird da nicht viel helfen, wenn die pornographische Darstellung in und für sich, in unserer Wirklichkeit in verhältnismäßiger Nähe (also Ähnlichkeit) möglich ist.
Wenn man sich noch einmal genau den Satz anschaut:
Der Besitz von Darstellungen, die nur ein fiktives und kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben
Eins besticht sofort. Tatsächlich und fiktiv schließen sich ohnehin aus, deswegen klingt der Satz etwas holprig. Dagegen ist wirklichkeitsnah mit einem "oder" verknüpft.
Wenn also eine Darstellung fiktiv, zwar nicht tatsächlich, aber dagegen wirklichkeitsnah ist, gilt die Illegalität des Besitzes schon.
So, so weit zur Begriffanalytik.
Wir sind natürlich in der blöden Lage, dass es keinen Präzedenzfall gibt.
Aber immerhin erweckt der Wiki-Artikel "Lolicon" den Eindruck, es würde illegales Lolicon existieren. (Mal von der Hoffnung ausgehend fachkundige Juristen entwerfen dort die Artikel) Da Lolicon immer gemalt ist und einen "Anime-Stil" hat, ist zweifelhaft ob mit Wirklichkeitnähe tatsächlich täuschend echte Verwechselungsgefahr gemeint ist.
Sonst müsste man bei Lolicon, welches immer fiktiv ist, per definitionem nicht zwischen wirklichkeitsnah und nicht wirklichkeitsnah unterscheiden. Das wird aber getan.
Aus dem österreichischen Recht habe ich einerseits gefunden:
Wirklichkeitsnah ist eine Abbildung bzw. Darstellung dann, wenn sie von der Wiedergabequalität und von der Erkennbarkeit her ein Niveau erreicht, das im allgemeinen Sprachgebrauch als photografisch im Sinne von dokumentaristisch bezeichnet wird, also dem Betrachter den Eindruck vermittelt, Augenzeuge (gewesen) zu sein
Das spricht für die Legalität, wenn Wirklichkeitsnähe tatsächlich so definiert ist.
Dies las ich aber nicht im Kontext von Pornographie und nur - wie gesagt - bei österreichischem Recht.
Mitleser hat geschrieben:
Ziel der Gesetze ist es, Kinder vor Missbrauch und Ausbeutung zu schützen, daher sind - logisch - reale Darstellungen nicht erlaubt, und ebenso sind "wirklichkeitsnahe" Darstellungen verboten, da man sie ggf. mit einer realen Darstellung verwechseln könnte.
Diese Schlussfolgerung ist inkonsistent.
Die Verwechslung einer fiktiven Darstellung mit einer echten Darstellung schützt Kinder vor Missbrauch genauso viel oder wenig, wie die Erkennung einer kinderpornographischen Darstellung als eine rein fiktive.
Weil:
Weder für täuschend echte wirklichkeitsnahe, noch für klar ersichtlich fiktive Darstellungen werden Kinder missbraucht.
Wenn Schutz dagegen bedeutet, dass eine egal wie geartete Darstellung per se schon Missbrauch nach sich ziehen könne - durch etwaige Steigerung der Motivation des Betrachters zu Missbrauch - dann ist die Argumentation inkonsistent rein fiktive Darstellungen auszunehmen, die möglicherweise auch real stattfinden könnten.
Scheint also nicht ganz so einfach zu sein. Im Zweifel lieber lassen.