„Immer öfter wird Kinderpornografie von Kindern und Jugendlichen verbreitet“, so Innenminister Herbert Reul. Tatsächlich sind im Bereich Kinderpornografie die Täter fast genauso alt wie die Opfer.
Man darf hier sicher die Frage stellen, wer dabei tatsächlich ein Täter, und wer das Opfer ist. Wenn Kinder und Jugendliche sexuell aufreizende Aufnahmen von sich verschicken, sind sie selbst erst einmal Täter, und Opfer sind nur diejenigen, welche die Aufnahmen ungewollt erhalten. Also eigentlich gerade umgekehrt als im klassischen Fall, wo jemand Aufnahmen von einem Kind macht und diese verbreitet.
Aber was, wenn die Kinder gewollt Aufnahmen von sich machen und die Empfänger dies auch gewollt haben? Gibt es hier überhaupt "Täter" und "Opfer"? Auf dem Papier schon, aber die Realität sieht halt anders aus. Irgendwie will es mir nicht einleuchten, dass Kinder und Jugendliche zwar sexuelle Erfahrungen machen dürfen, die Dokumentation derselben aber illegal ist. Was wiegt letztendlich höher, das Recht am eigenen Bild und die sexuelle Selbstbestimmung, oder die Gesetze gegen Kinderpornografie?
Wenn Aufnahmen ohne Einverständnis im Klassenchat geteilt werden, ist die Sachlage natürlich klar, aber sollte es tatsächlich dazu kommen, dass WhatsApp und Co. in Zukunft staatlich verordnete Hintertüren bekommen, dürfte die Anzahl der gemeldeten kinderpornografischer Aufnahmen ins Uferlose steigen. Apple musste nach dem Shitstorm neulich ja zurückrudern und hat zumindest die "Verpetz-Funktion" in iMessage nicht umgesetzt.
Es ist in Ordnung, wenn den Kindern eine Warnung angezeigt wird, dass sie gerade eine Nacktaufnahme erhalten haben und ob sie diese tatsächlich anschauen möchten, aber eine automatische Meldung an die Eltern bzw. die Behörden verstößt gegen alles, was mit Datenschutz und Privatsphäre zu tun hat. Die Messenger müssten vielmehr noch besser verschlüsselt sein, damit solche Aufnahmen nicht automatisch in der Bildergalerie des Smartphones und dank automatischer Backups auch gleich in der Cloud landen - denn diese Daten werden von allen großen Anbietern gescannt.
Hier könnte der "Nacktscanner" der Messenger-Apps auch gleich dafür sorgen, dass solche Aufnahmen vom automatischen Upload ausgeschlossen wären, dann gäbe es auch keine automatisierten Ermittlungsverfahren, wo Eltern und Kinder aus allen Wolken fallen, wenn die Polizei vor der Tür steht. Leider hinkt die Gesetzgebung um Jahre hinter der aktuellen Entwicklung her, und es werden immer nur die schlimmsten Fälle als Maß herangezogen, Kollateralschäden werden dabei bewusst in Kauf genommen.