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Wider dem Mißbrauch von Geist durch die Macht

Verfasst: 14.08.2010, 17:54
von Reuters
Am 10.Mai 1933 flammten in Deutschland die Scheiterhaufen. Bücher wurden verbrannt. Und damit Gedanken, die nicht ausgesprochen werden durften. Tausende von Schriftstellern, Künstlern und Gelehrten wurden zensiert, verfemt, verfolgt ins Exil getrieben. Handelte es sich nur um die Begleitumstände der nationalsozialistischen Machtergreifung oder war die Auslöschung des schöpferischen Geistes durch den maroden Geist einer selbsternannten Macht- Elite tief im deutschen Charakter und in der deutschen Geschichte angelegt ? Die Scheiterhaufen vom Frühjahr 1933 beleuchten ein altes deutsches Dilemma: die Unversöhnlichkeit von Geist und Macht , oder den Hass der Mächtigen auf den Geist. Wie im großen so auch im Kleinen. Selbst da, wo die Macht den Geist des Einzelnen wehrlos und hilflos gemacht hat, wie er ist, ist er bemüht, die Schmach seiner Erniedigung, im Detail der Wirkungsweise gegen ihn selbst zur Wirkungsweise wieder anderer Einzelner werden zu lassen, derer er sich zu bemächtigen und schliesslich zu entledigen versucht. Die Bücherverbrennungen vom Frühjahr 1933, als Tausende deutscher Studenten, angeführt von ihren sie anfeuernden Professoren, die die Werke von Marx, Freud und vielen anderen dem Feuer überliessen, lassen sich in den Zusammenhang deutscher Tradition stellen. Wie konnte es zu dieser Selbstzerstörung deutscher "Geisteseliten" an deutschen Universitäten kommen? Der Radikalität eines Geistes, der häufig zur Kritik und Geringschätzung der Wirklichkeit neigt, antwortet immer wieder ein geistverleugnendes und geistverleumdendes und - denunzierendes Weltverlangen- aus Angst vor der Aufklärung, wie aus Sehnsucht nach und Angst vor der Zerstörung der Identität einer ungestörten nur oberflächlichen von zumeist gemeinsamen Feindbildern bestimmten Gruppenzugehörigkeit.

Reuters