Frankfurter Rundschau vom 14.08.2000


[ Pädophile Mädchenliebhaber ]


Geschrieben von GL pap@geno am 14. August 2000 11:38:18:

Hier ein Artikel aus der Frankfurter Rundschau vom 14.08.2000
zur Pädo-Hetzjagd im britischen Portsmouth/Paulsgrove:

In Paulsgrove lehren Mütter ihre Kinder das Hassen
Aus lauter Fürsorge wurde in der Vorstadt von Portsmouth die Jagd auf angebliche Pädophile ausgerufen

Von Reinhart Häcker (Paulsgrove)

Jetzt demonstrieren sie nicht mehr in Paulsgrove, hier am nördlichen Ende der Hafenstadt Portsmouth. Jetzt schämen sie sich, jedenfalls die meisten von den 16 500 Bewohnern des Vorstadtbezirks, der so unverhofft in die Schlagzeilen geriet. Und sogar jene 200, die dabei waren bei der Verfolgung von angeblichen Kinderschändern in den ersten Augusttagen, haben zu sammeln begonnen: Geld für jene fünf Familien, die sie zu Unrecht aus der Stadt gejagt haben. Die wollen sie jetzt entschädigen. Aber dazu ist es zu spät: Unreparierbares ist geschehen.

Die Leute in Paulsgrove sind arm. Sie leben in einfachen Reihenhäuschen mit Dächern aus Well-Eternit oder in dreistöckigen Backsteinblöcken des sozialen Wohnungsbaus, die in den 50er Jahren aus dem Boden gestampft wurden, um das bombengeschädigte Portsmouth mit seinem alten Kriegshafen an der britischen Südküste zu entlasten. Hier gibt es mehr Arbeitslose als im Rest des Landes. Die Zahl der ledigen Mütter ist höher, die der Vorbestraften unter den Männern auch. Viele Männer sind kurzgeschoren, sie tragen Ringe im Ohr, haben Tätowierungen an den Armen. Und die Kinder lernen zwar oft nicht richtig schreiben, aber wie man sich wehrt, das wissen sie schon früh.

Paulsgrove ist, was man eine Siedlung der Unterschicht nennt. Doch der Bezirk ist aufgeräumt, sauber. Ein paar Durchgangsstraßen, rechts und links Sackgassen, eine kleine Grünanlage mit der Kirche und zwei Dutzend kleine Geschäften, eine einzige Kneipe und viele spielende Kinder - all das wirkt bescheiden, aber gesund. Trotzdem haben 200 Frauen hier die britische Welt aus den Angeln gehoben.

Seit voriger Woche versteht Angela die Welt nicht mehr: "Es ist nicht sehr angenehm, hier leben zu müssen, nach all dem, was passiert ist", sagt die Besitzerin eines kleinen Ladens für Wäsche und Spielzeug am Hauptplatz. Sie meint das Unbegreifliche, das Unkontrollierbare, das sich dort an den sieben Tagen zwischen dem vorletzten Donnerstag und dem letzten Mittwoch abgespielt hat: "200 Frauen und Kinder, mehr nicht, haben die ganze Siedlung lahmgelegt, als sie Abend für Abend angebliche Kinderschänder jagten", sagt sie. Viele Leute hätten aus Angst ihre Wohnungen nicht mehr verlassen. Einige der Jäger seien Hausfrauen gewesen, die sie gekannt habe, aber es seien auch Fremde hinzugestoßen - Mob, der seinen Spaß gesucht habe. "Kontrollieren konnte man das nicht mehr. Die Forderung, Pädophile aufzuspüren und umzusiedeln, war richtig. Die gehören nicht hierher, in eine Vorstadt mit so vielen Kindern. Aber dann haben sie fünf völlig unschuldige Familien vertrieben. Damit stimme ich überhaupt nicht mehr überein."

Draußen vor Angelas Laden steht die 25jährige Lou mit der kleinen Maisy im Kinderwagen, dabei ihre etwas ältere Freundin Betty. Auch sie wollten bei der allabendlichen Jagd nicht mitmachen: "Die Kleine muss doch ins Bett." Verstanden haben sie schon, warum da gejagt wurde: ,,Kinderschänder gehören ins Gefängnis oder jedenfalls irgendwie weg." Aber dann sei alles aus dem Ruder gelaufen. Unschuldige seien gejagt worden. Ein Passant, der seinen Namen nicht nennen will, sagt nur ganz kurz: "Das war doch nur eine kleine radikale Gruppe, die ihren Spaß haben wollte." Eine Großmutter mit zwei Enkeln im Kinderwagen meint: "Genug ist genug." Die Sympathie, die es einmal für die Marschierer gegeben habe, sei verschwunden. Aber den Nachnamen wollte kein einziger der Befragten nennen. In Paulsgrove lebt man in Angst.

Begonnen hatte das alles, als im Juli die Boulevardzeitung News of the World an zwei aufeinander folgenden Sonntagen mit der reißerischen Überschrift "Name and Shame" (Benennen und Beschämen) die Namen, Adressen und Bilder von 82 verurteilten Kinderschändern aufgemacht hatte. Sie hatten ihre Strafe abgesessen und sollten unter Aufsicht der Polizei resozialisiert werden. Einer davon, der 53jährige Victor Burnett, lebte seit zwei Jahren in einer der Sozialwohnungen in Paulsgrove. Er selbst sagte später in einem Interview, er sei mittlerweile geheilt. Doch als sein Name bekannt wurde, ging die Jagd auf ihn los. Er schaffte es gerade noch, in den Untergrund abzutauchen. Jetzt gibt es niemanden mehr, der ihn beaufsichtigt.

In Großbritannien ist Vergleichbares in vielen Städten geschehen: Wegen Pädophilie Verurteilte setzen sich ab, weil sie von Anwohnern verfolgt wurden, und immer wieder waren Unschuldige darunter. Aber nirgends geschah das so unkontrolliert und so gnadenlos wie in Paulsgrove. nirgends gab es jemanden wie Katrina Kessell, eine 33jährige geschiedene Mutter mit vier Kindern, die über Nacht zur Anführerin wurde. Zuerst zog sie mit anderen vor die Wohnung von Burnett. Dort flogen zum ersten Mal Steine in die Fenster. Dann stachelte sie allabendlich zu neuen Hetzjagden auf: Sie und ihre Freunde behaupteten, eine Liste mit den Namen von 22 Sexualtätern zu haben, aus der News of the World, aus dem Internet, vom Hörensagen und aus Mund-zu-Mund-Propaganda.

Längst hat sich herausgestellt, dass sie die Falschen verfolgten. Fünf Familien wurden in höchster Not von der Polizei in Sicherheit gebracht. Ein Auto wurde angezündet und eine Wohnung demoliert, weil der Inhaber den gleichen Namen wie einer der Verdächtigen hatte. Die Täter um Katrina Kessell beunruhigte das zunächst nicht weiter: "Hängt die Pädophilen auf", riefen sie eine Woche lang jeden Abend. "Kinderschänder an den Galgen" stand auf den T-Shirts vierjähriger Kinder, die bis nach Mitternacht mitdemonstrierten. Und bis zu 80 Polizeibeamte beobachteten das Ganze aus sicherem Abstand - ohne einzugreifen.

Seit Donnerstag wird nicht mehr marschiert. Die Demonstranten haben in Barry Pettinger einen neuen Sprecher, der mit sich reden lässt; Katrina Kessell ist abgetaucht. Die Behörden haben versprochen, die Liste mit den Sexualtätern zu überprüfen. Wer für die Bevölkerung eine Gefahr sei, solle umgesiedelt werden. Am heutigen Montag will man wieder miteinander sprechen. Die Gruppe - sie nennt sich sinnigerweise "Friedliche Protestler von Paulsgrove'" - indes droht: "Wenn nichts geschieht, fangen wir wieder an."

Einer, der alles das hautnah miterlebt hat, ist Gary Waddington, der Ortspfarrer von der anglikanischen St. Michaels-Kirche. Dicht vor seiner Pfarrei haben sich die Demonstranten jeden Abend versammelt, und jetzt gibt der hochaufgeschossene junge Priester in seiner liebenswert unaufgeräumten Studierstube Auskunft. "Das war wie in Bosnien. Der Unterschied ist nur, dass wir hier keine ethnische, sondern eine soziale Säuberung erleben", sagt er. Die Liste mit den Namen von Kinderschändern, in deren Besitz die Demonstranten angeblich sind, habe noch keiner gesehen. Waddington: "Niemand weiß, wo sie herkommt und auf welchen Beweisen sie beruht. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie erst schnell zusammengeflickt werden müsste." Hörensagen und üble Nachrede seien die Grundlagen dieser Liste. Sie werde nichts auslösen als Furcht und Bigotterie.

Für Pfarrer Waddington ist in diesen Tagen eine Welt zusammengebrochen. Das Vertrauen unter den Menschen in Paulsgrove, so fürchtet er, werde sich für lange Zeit nicht wieder herstellen lassen.
(Ende des Zeitungsberichts)


Ich denke, der Artikel könnte eine brauchbare Diskussionsgrundlage zur Thematik darstellen.
>>"Hängt die Pädophilen auf", riefen sie eine Woche lang jeden Abend. "Kinderschänder an den Galgen" stand auf den T-Shirts vierjähriger Kinder, die bis nach Mitternacht mitdemonstrierten. Und bis zu 80 Polizeibeamte beobachteten das Ganze aus sicherem Abstand - ohne einzugreifen.<<

Wussten die vierjährigen Kinder, was ihnen Erwachsene da auf die T-Shirts gepinnt haben? Wenn Kinder als Instrumente mit in solche Gewaltaktionen gezogen werden, ist das für mich Kindesmissbrauch der allerübelsten Sorte, mit Sicherheit weitaus schädlicher, als wenn ein echter Pädo eine Maus mal über den Po gestreichelt hat - nur im zweiten Fall würde die Polizei garantiert einschreiten, sobald es bekannt wird. In welch einer pervertierten Gesellschaft leben wir wirklich am Beginn des 21. Jahrhunderts?

Liebe Grüße!
GL pap@geno

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