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naylee
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von naylee »

Es geht nicht darum, ob du oder ich es als eine schöne Vorstellung erachtest, mit einer Puppe zu kuscheln oder mit ihr Sex zu haben. Es geht darum, dass ein Gesetz erlassen wird, mit dem dann sogenanntes "Recht" gesprochen wird. Und dieses "Recht" sieht vor, dass jemand mit einer solchen Puppe daheim ins Gefängnis wandert, obwohl er niemandem etwas getan hat und obwohl nicht erwiesen ist, dass die Puppe jemandem Schäden zufügen könnte.

Dieses "Recht" stützt sich allein auf moralische Vorstellungen. Diese Zeit haben wir eigentlich hinter uns gelassen, dachte ich.
Wie nur kann ich derjenige sein, vor dem die Kinder dieser Welt gewarnt werden, von dem sie sich fernhalten sollen, wenn sie doch meine Gegenwart ganz und gar erbaulich finden?
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Kitsune
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von Kitsune »

Verehrer hat geschrieben: 13.11.2024, 22:55 Dieser Versuch der strikten Trennung zwischen sexuell und nicht sexuell ist ja ohnehin ein totaler Schmarrn.
Absolut. Das dient nur dazu, dass man den Pädophilen bestrafen kann, während man den "normalen" Menschen für die gleiche Handlung nicht bestraft.
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Kitsune
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von Kitsune »

naylee hat geschrieben: 14.11.2024, 12:40 Es geht nicht darum, ob du oder ich es als eine schöne Vorstellung erachtest, mit einer Puppe zu kuscheln oder mit ihr Sex zu haben. Es geht darum, dass ein Gesetz erlassen wird, mit dem dann sogenanntes "Recht" gesprochen wird. Und dieses "Recht" sieht vor, dass jemand mit einer solchen Puppe daheim ins Gefängnis wandert, obwohl er niemandem etwas getan hat und obwohl nicht erwiesen ist, dass die Puppe jemandem Schäden zufügen könnte.
Genau so ist es. Sehr schön auf den Punkt gebracht.
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Kitsune
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von Kitsune »

Noch ein interessanter wissenschaftlicher Artikel, der im Widerspruch zur Gesetzesbegründung steht:

Prof. Dr. Nicola Döring, Diplom-Psychologin
Sexpuppen und Sexroboter aus psychologischer und therapeutischer Perspektive
https://www.nicola-doering.de/wp-content/uploads/2020/10/Doering2020_Sexpuppen_Sexroboter_-psychologischer_-therapeutischer_Perspektive.pdf
Wenn es nach den überwiegend männlichen Puppenbesitzern geht, dann ist „Sexpuppe“ die falsche Bezeichnung. Denn für die meisten von ihnen sind die Puppen weit mehr als Sexualobjekte. Sie sprechen deswegen auch eher von „Liebespuppen“ oder verwenden einfach den jeweiligen Vornamen ihrer synthetischen Gefährtinnen. Denn sie alle haben einen Namen, nicht selten auch eine bewegte Biografie und distinkte Persönlichkeit, die sich ihre Besitzer für sie erdacht haben. Nicht wenige Puppenbesitzer gestalten ihren gesamten Alltag gemeinsam mit der Puppe, dazu gehören etwa das gemeinsame Abendessen, Fernsehen und Einschlafen, das Begehen von Feiertagen, das Sonnen im Garten oder das Unternehmen von Ausflügen. Oftmals werden diese Aktivitäten auch fotografisch dokumentiert. Die Puppenbesitzer beschreiben, wie wohltuend und beruhigend sie die Präsenz der Puppe im Haushalt erleben, wie sie es genießen, abends nach der Arbeit von ihrem Tag erzählen zu können oder dass sie neben der Puppe viel entspannter einschlafen (Döring et al. 2020).

Weiterhin empfinden manche ihr ganzes Leben als sinnvoller und ausgefüllter, gerade auch weil sie ja für die Puppe sorgen. Und tatsächlich gehört es zum Alltag der Puppenbesitzer, ihre artifiziellen Gefährt:innen regelmäßig zu waschen, zu pudern, einzukleiden, zu schminken, zu frisieren und bei Bedarf zu reparieren. In diesen Pflegetätigkeiten steckt keine Aggression, sondern zuweilen geradezu liebevoll zelebrierte Fürsorge. Die genannten Tätigkeiten sind in unserer Kultur stark feminin codiert, sodass in der Literatur hervorgehoben wird, dass der typische Puppenbesitzer gar nicht die von Kathleen Richardson (2016a, 2016b) und anderen angenommene Rolle des ­aggressiv-misogynen Mannes innehat, der die künstlichen Frauen dominieren will, sondern im Gegenteil oft eher sanfte Züge zeigt, sich mit femininen Eigenschaften und Verhaltensweisen identifiziert, ja vielleicht eigene feminine Anteile mit und an der Puppe auslebt (z. B. intensive Beschäftigung mit Damenmode, Make-up und Langhaarfrisuren; vgl. Burr-Miller und Aoki 2013).

Es ist davon auszugehen, dass Mensch-Puppen/Roboter-Beziehungen unterschiedlich beschaffen sind und eine unterschiedliche sexuelle und soziale Dynamik haben, genau wie das bei Mensch-Mensch-Beziehungen der Fall ist. Hinsichtlich des Haupteinwandes, dass es sich bei der Mensch-Puppen/Roboter-Beziehung gar nicht um eine „echte“ Beziehung, sondern nur um eine Pseudobeziehung handelt, da das artifizielle Gegenüber ja keinen eigenen Willen hat, ist das in der Medienpsychologie und Kommunikationswissenschaft eingeführte und gut untersuchte Konzept der „parasozialen Beziehung“ anzuführen: Es wird angewendet auf Medienfiguren, zu denen manche Menschen langfristige Beziehungen entwickeln, etwa wenn sie sich in Schauspieler:innen, Musik- oder Pornostars verlieben und intensiv mit ihnen auseinandersetzen. Derartige Beziehungen können wichtige psychologische Funktionen erfüllen, etwa für Unterhaltung und Abwechslung sorgen, Einsamkeit vertreiben, zur Tagesstrukturierung beitragen, bei der Verarbeitung von Problemen helfen oder auf das Führen zwischenmenschlicher Beziehungen vorbereiten (Horton und Wohl 1956; Hartmann 2016; Erickson et al. 2018). Dass der Umgang mit Puppen positive Potenziale birgt, ist unter anderem auch daran ablesbar, dass die Psychologie das kindliche Puppenspiel umfassend als wichtigen Entwicklungs- und Lernfaktor untersucht und dass für Erwachsene Ansätze einer Puppentherapie entwickelt wurden, etwa um Demenzpatient:innen zu beruhigen und ihnen über die Puppenpflege sinnvolle Aktivitäten zu bieten (Ng et al. 2017).
...
So ist aus psychologischer Sicht davor zu warnen, die anhaltenden Probleme mit Sexismus und sexueller Gewalt in der Gesellschaft vorschnell und einseitig auf Sexprodukte als vermeintlichen Problemursachen zu projizieren und sich Lösungen von deren moralischen Verurteilung und Kriminalisierung zu versprechen. Eine derartige Fehlattribution läuft Gefahr, von den eigentlichen Problemursachen und von wirkungsvollen Interventionen abzulenken zugunsten nutzloser Moralpanik und Moralpolitik.
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Kitsune
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von Kitsune »

naylee hat geschrieben: 13.11.2024, 22:18 Danke für deine sicherlich recht zeitintensiven Recherchen. Das lässt mir wenigstens etwas Hoffnung, dass Gesetze nicht nach Gesinnung erstellt und verändert werden.
Danke für die Anerkennung.
Ich habe mich die letzten Jahre sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt. Und gerade weil das so viel Arbeit war, möchte ich anderen diese Arbeit ersparen. Deshalb möchte ich das Wissen einmal hier sammeln und mit allen teilen. Vielleicht braucht man das in Zukunft noch einmal.
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von Verehrer »

Dass du dich damit schon lange beschäftigst, ist offensichtlich.
Auch von mir ein Dankeschön für die Horizonterweiterung.
Selbst wenn ich persönlich nicht unter dem Puppenverbot leide, ist es mir ein Anliegen, da es Andere beeinträchtigt. Es steht exemplarisch dafür, was mit anderen Themen passieren kann.
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von Kitsune »

Verehrer hat geschrieben: 14.11.2024, 19:20 Auch von mir ein Dankeschön für die Horizonterweiterung.
Vielen Dank für die Wertschätzung.
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Kitsune
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Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer

Beitrag von Kitsune »

In der Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer wird kurz und bündig erklärt, warum das Puppenverbot verfassungswidrig ist.

Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer
Stellungnahme Nr. 67 November 2020
https://www.brak.de/fileadmin/05_zur_rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmen-deutschland/2020/november/stellungnahme-der-brak-2020-67.pdf
Im RegE neu enthalten ist § 184l StGB-E, wonach das Inverkehrbringen, der Erwerb und der Besitz von körperlichen Nachbildungen von Kindern zum Zwecke der Vornahme sexueller Handlungen („Sexpuppen“) unter Strafe gestellt werden soll. Nach der Begründung des Entwurfes seien nämlich solche Puppen geeignet, den Wunsch nach sexualisierter Gewalt gegen Kinder zu wecken oder zu verstärken. Das ist aber wissenschaftlich keineswegs belegt. Empirische Untersuchungen dazu gibt es – soweit ersichtlich – nicht. Soweit man zum Thema etwas findet, wird in gleicher Häufigkeit das Gegenteil vertreten: Solche Puppen seien ein Ventil, eine legale Möglichkeit, Fantasien auszuleben, ohne dass echte Personen zu Schaden kommen. Puppen dienten demnach dem Schutz vor Missbrauch, da pädophile Impulse, das steht immerhin fest, nicht einfach abgeschaltet werden können.

Im Ergebnis geht es eher um die Pönalisierung anstößigen und „moralisch verachtenswerten“ Verhaltens, was innerparteilich auch ausdrücklich als (weiterer) Legitimationsgrund angesprochen wird. Dabei sollte aber nicht aus dem Auge verloren werden, dass die Aufgabe des Strafrechts im Rechtsgüterschutz besteht. Wer hingegen einer sittenbildenden Funktion als primärere Aufgabe des Strafrechts das Wort redet, formt Strafrecht in ein Erziehungsrecht um und verwechselt so Mittel und Zweck. Aufgabe des Strafrechts darf es niemals sein, bloße Verstöße gegen Normen der Sittlichkeit oder Ethik zu kriminalisieren.

Strafrecht darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur bei elementaren Rechtsgüterverletzungen eingreifen („ultima ratio des Rechtsgüterschutzes“) d.h. nur dann, wenn „ein bestimmtes Verhalten über sein Verboten-Sein hinaus in besonderer Weise sozialschädlich und für das geordnete Zusammenleben der Menschen unerträglich, seine Verhinderung daher besonders dringlich ist“. Strafe ist letztes Mittel und darf nur angedroht und vollstreckt werden, wenn andere rechtliche Kontrollsysteme nicht ausreichen. Das ist vorliegend nicht der Fall: Soweit ersichtlich, werden solche Puppen ganz überwiegend in Asien hergestellt und regelmäßig aus zollrechtlichen Gründen konfisziert. Sollte es auf zollrechtlichem Gebiet Lücken geben, könnten sie auch dort geschlossen werden.

Bei wertender Gesamtbetrachtung erscheint § 184i StGB-E wissenschaftlich als Gefährdung eines Rechtsgutes nicht ausreichend unterlegt, verfassungsrechtlich bedenklich und allein als Resultat symbolischer Gesetzgebung.
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naylee
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von naylee »

Der Haken an der Sache ist nur: Als Kinderpornografie zum Verbrechen aufgestuft würde, da hat es niemand richtig zur Kenntnis genommen. Erst die Wiederherstellung als Straftatbestand wird insbesondere von AfD-nahen Kreisen fälschlicherweise als Beweis für die pädophilen Tendenzen der aktuellen Regierung dargestellt.

Sollte das Sexpuppenverbot kassiert werden, gäbe es von diesen Idioten, die auch die WsaM-Seiten terrorisieren und von Pädo-Jägern extremen Druck. Also auch dann leider noch kein Grund zum aufatmen.
Wie nur kann ich derjenige sein, vor dem die Kinder dieser Welt gewarnt werden, von dem sie sich fernhalten sollen, wenn sie doch meine Gegenwart ganz und gar erbaulich finden?
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von Kitsune »

naylee hat geschrieben: 16.11.2024, 18:20 Sollte das Sexpuppenverbot kassiert werden, gäbe es von diesen Idioten, die auch die WsaM-Seiten terrorisieren und von Pädo-Jägern extremen Druck. Also auch dann leider noch kein Grund zum aufatmen.
Das stimmt natürlich. Das würde vermutlich stark davon abhängen, wann das passiert. Im Wahlkampf oder einem medialen Sommerloch könnte das vielleicht hohe Wellen schlagen. Dafür würde ein solches Urteil aber den Gesetzgeber in die Schranken weisen.

Aber was denkst du, was das für ein Signal an den Gesetzgeber und die Gesellschaft wäre, wenn die Verfassungsbeschwerde scheitern würde? Das wäre wie eine Bestätigung vom Bundesverfassungsgericht, dass sie auf dem richtigen Weg sind und noch viel härter gegen Pädophile vorgehen können. Was glaubst du, wie würden die Gesetze aussehen, die dann darauf folgen würden? Und dieses Szenario ist wesentlich wahrscheinlicher.
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Kitsune
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von Kitsune »

Diese Studien habe ich bereits an anderer Stelle erwähnt, aber der Vollständigkeit halber...

Exploring the Ownership of Child‑Like Sex Dolls
Craig A. Harper and Rebecca Lievesley
Archives of Sexual Behavior (2022) 51:4141–4156
https://doi.org/10.1007/s10508-022-02422-4
In this work, we have not found any evidence that those who own child-like dolls are at an increased risk for sexual offending against children.
In this study, we have presented what we believe to be the first empirical study into the psychological and risk-related constructs associated with the ownership of child-like sex dolls. In contrast to moralistic publications citing the potential risks of such dolls in related to child sexual abuse (Chatterjee, 2020; Danaher, 2017, 2019; Strikwerda, 2017), we found evidence for their functional use. In light of this, we hope that those working in psychological and sex science can launch systematic studies that explore how to best support MAPs in their search for safe sexual outlets, with ultimate aims of improving levels of mental health in this population and, subsequent to this, the prevention of the sexual abuse of children.

The Self-Reported Sexual Real-World Consequences of Sex Doll Use
Jeanne C. Desbuleux and Johannes Fuss
The Journal of Sex Research, April 2023 61(2)
DOI:10.1080/00224499.2023.2199727
https://www.researchgate.net/publication/370115368_The_Self-Reported_Sexual_Real-World_Consequences_of_Sex_Doll_Use
Interestingly, pedo-hebephilic users reported a greater reduction of sexual compulsivity compared to teleiophilic participants following doll use. Additionally, pedo-hebephilic participants more often reported acting out of illegal sexual fantasies with their dolls and a loss of interest in (sexual) intimacy with real children through doll use in the qualitative data. These self-reported data challenge the view that doll use is dangerously affecting human sexuality and instead suggest that dolls may be used as a sexual outlet for potentially dangerous and illegal (sexual) fantasies.

Child-like sex dolls: legal, empirical, and ethical perspectives
Jeanne C. Desbuleux and Johannes Fuss
IJIR: Your Sexual Medicine Journal (2024) 36:722–727
10.1038/s41443-024-00979-3
https://www.nature.com/articles/s41443-024-00979-3
The review deals with the controversy surrounding the use of highly realistic dolls with a child-like appearance. It summarizes recent empirical findings and provides an overview of the different legal and ethical perspectives on this issue. Countries use different legal approaches to regulate the use or sale of child-like sex dolls. Although a causal link is assumed by some legislators between the prohibition of such dolls and the protection of children from sexual abuse, empirical studies do not support this causality. The imposition of bans will hinder empirical research on the potential use of alternative sexual outputs for people with paraphilic disorders.
Unlike other forms of sexually stimulating material, child-like dolls are inherently fictional. They are not sexualized objects by default; instead, their sexual nature emerges from the user’s imagination and actions. These dolls can be seen as fantasies brought to life, making them visible and potentially morally offensive to the public. It seems that the bans against dolls are not just about protecting children, but also about the desire for moral control, in which complete abstinence from any sexual behavior seems to be the only legitimate way of dealing with a pedophilic interest.
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Kitsune
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von Kitsune »

In der folgenden Arbeit geht es um Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild und um Kinderpornografie. (Die Hervorhebungen sind wie immer von mir.) Es wird gezeigt, wie diese beide Themen zusammenhängen und warum man diese gemeinsam betrachten muss. Weil ich diese Arbeit für sehr wichtig halte, gebe ich die Quellen zu den zitierten Passagen direkt mit an.


Die Strafbarkeit von fiktionaler und wirklichkeitsnaher Kinderpornografie in § 184b StGB sowie der neue Straftatbestand des § 184l StGB (Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild; u.a. BT- Drs. 19/23707, 19/24901, 19/27928) – Darstellung, Reichweite der Normen und (kritische) Würdigung
Karen Faehling
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Juristische Fakultät
https://kripoz.de/wp-content/uploads/2021/09/faehling-die-strafbarkeit-von-fiktionaler-und-wirklichkeitsnaher-kinderpornografie-in-184b-stgb.pdf


Pädophilie meint die sexuelle Ansprechbarkeit einer Person auf ein kindliches, also vorpubertäres Körperschema. Hebephilie liegt vor, wenn das pubertäre Körperschema der Präferenz entspricht.41 Die Entwicklung vom vorpubertären zum pubertären Körperschema findet dabei etwa im Alter von zwölf Jahren statt.42
41 Beier, Pädophilie, Hebephilie und sexueller Kindesmissbrauch, 2018, S. 2.
42 Beier, S. 3.

Bezüglich der Nutzer von offensichtlich fiktiven kinderpornografischen Inhalten wird von einer geringeren Nachahmungsgefahr ausgegangen.51
51 Hörnle, in: MüKo-StGB, § 184b Rn. 5.

Es gibt jedoch generell auf Sexpuppen bezogene Studien zu der Einstellung, die Besitzer ihren Puppen gegenüber haben. Dabei hat sich ergeben, dass etwa 70% zumindest auch eine sexuelle Komponente sehen, über die Hälfte jedoch auch einen Partner oder Liebhaber.53
53 Langcaster-James/Bentley, Robotics 2018, 7, 62, S. 6.

2. Normzweck
Zweck des Strafrechts ist der Schutz von Rechtsgütern. Nach dem Ultima-Ratio-Prinzip ist der Gesetzgeber zum Erlass einer Strafnorm nur als äußerstes Mittel legitimiert, das pönalisierte Verhalten muss für das geordnete Zusammenleben unerträglich sein.76 Eine weitere Grenze des Strafrechts ist die Pflicht zur Respektierung des Kernbereichs privater Lebensgestaltung.77
76 Rengier, Strafrecht AT, 12. Aufl. (2020), § 3 Rn. 5.
77 Roxin, Strafrecht AT, 4. Aufl. (2006), § 2 Rn 8.

dd) Moral
Kein legitimes Schutzgut sind lediglich moralische Vorstellungen. 91 Nur der Ekel oder die Abscheu, die die meisten Menschen bei der Betrachtung auch fiktiver Kinderpornografie oder Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild empfinden, darf nicht Strafgrund sein. Hierunter fällt auch der für die Schaffung des §184l StGB-E angeführte Grund, es solle ein Signal für die Gesellschaft gesetzt werden, dass Kinder nicht zum Objekt sexueller Handlungsweisen gemacht werden dürften, selbst wenn diese nur körperlich nachgebildet seien. 92 Folgt man dieser Argumentation, müssten wohl auch die - freilich praktisch nicht nachweisbaren - Masturbationsphantasien kernpädophiler Personen unter Strafe gestellt werden.
91 Roxin, § 2 Rn 17.
92 BT-Drs. 19/23707, S. 23.

bb) Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild
Zur Begründung des Verbots von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild dient das Anreizargument. Diese sollen bei einigen Nutzern zu einer Senkung der Hemmschwelle führen. 105 Derartige Puppen sollen auch schon als Übungsobjekte für die später an Kindern verübten Taten genutzt worden sein. 106 Nicht ersichtlich ist, warum für das gezielte Einüben von Missbrauchshandlungen nicht auch Sexpuppen, die Erwachsene darstellen, genutzt werden könnten.

Der neue § 184l StGB-E soll laut dem Gesetzesentwurf dazu führen, dass zugleich der Markt für solche Nachbildungen ausgetrocknet werde. 107 Anders als bei der (realen) Kinderpornografie werden jedoch nicht unmittelbar durch die Herstellung neuer Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild konkrete Rechtsgüter verletzt. Somit liegt eine Legitimation über das Nachfrageargument hier fern. Durch die Verwendung des Begriffes „zugleich“ 108 scheint jedoch auch der Gesetzgeber dies nur als erwünschte Folge und nicht als maßgeblichen Grund für die Pönalisierung anzusehen.

Die Stellungnahmen der Sachverständigen fallen weitgehend kritisch aus. Nur in einer Stellungnahme wird diese Neuerung als positiv empfunden. Dies wird damit begründet, dass nach den bisherigen Ermittlungserkenntnissen der Eindruck bestehe, dass zumindest das Risiko bestehe, dass durch die Nutzung solcher Kindersexpuppen die Hemmschwelle bei pädophil veranlagten Personen zur Durchführung realer Missbrauchshandlungen an Kindern gesenkt werde.109

In anderen Stellungnahmen heißt es, ohne empirische Erkenntnisse, inwiefern die Nutzung von kindlichen Sexpuppen die Gefährdung von Kindern zumindest mittelbar fördere, könne eine solche Verhaltensweise nicht strafbar sein.110 Teilweise wird dabei nur auf die fehlende Empirie abgestellt, sodass eine Legitimierung der Norm möglich sein könnte, sollten durch Studien die Annahmen der Gesetzgeber belegt werden können.111 Teilweise wird auch angedeutet, dass durch das Verbot pädophil veranlagten Menschen eine Möglichkeit genommen wird ihre Sexualität auszuleben, ohne Rechtsgüter zu verletzen.112 In dem Lauschangriff-Urteil des BVerfG wurden die Ausdrucksformen der Sexualität zum Kernbereich privater Lebensgestaltung zugeordnet. Diese Zuordnung hängt davon ab, ob die Sphäre anderer oder Belange der Gemeinschaft berührt werden.113 Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall – durch die Nutzung der Puppe wird niemand verletzt, als Strafgrund wird nur angeführt, dass die Gefährlichkeit der Nutzer steigen könnte. Die Strafbarkeit wird also im Wesentlichen auf das Anreizargument gestützt, zudem ergibt sich aus der Gesetzesbegründung („Signal für die Gesellschaft“ 114 ) sowie aus der Diskussion im Bundestag („Das finde ich unerträglich“ 115 ), dass auch moralisch-ästhetische Belange berücksichtigt wurden.
cc) Berücksichtigung des Inzest-Urteils
Beachtlich ist in diesem Zusammenhang das Inzest-Urteil des BVerfG.116 In dieser Entscheidung hat das BVerfG mehrere Strafzwecke, die jeder für sich wenig überzeugend waren in ihrer Gesamtheit vor dem Hintergrund einer kulturhistorischen begründeten, nach wie vor wirkkräftigen gesellschaftlichen Überzeugung von der Strafwürdigkeit für ausreichend erklärt, um das Inzestverbot zu legitimieren. 117 Wenn in einem Bereich eine „kulturhistorische Überzeugung“ einer Strafwürdigkeit besteht, dann wohl im Bereich des Kindesmissbrauchs und der Kinderpornografie in ihren verschiedenen Ausprägungen.

In einem Sondervotum sowie in der Literatur wurde dies jedoch stark kritisiert. 118 Das BVerfG hat das Strafrecht selbst als „schärfste Waffe“, die dem Gesetzgeber zur Verfügung steht und deswegen dem Ultima-Ratio-Prinzip unterliegt, bezeichnet.119 Im Ergebnis begründe das BVerfG seine Entscheidung mit moralischen Vorstellungen. Die befürchteten Verletzungen seien sehr entfernte, indirekte Folgen, welche so gut wie bei jeder Moralwidrigkeit gefunden werden könnten.120

Aus den genannten Gründen kann sich auch hinsichtlich des Verbotes von fiktiver Kinderpornografie und von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild keine Rechtfertigung über die vom BVerfG angeführten kulturhistorischen Überzeugungen ergeben.
105 BT-Drs. 19/23707, S. 42.
106 Bussweiler, Stellungnahme zu BT-Drs. 19/23707 v. 03.12.2020, abrufbar unter:
https://www.bundestag.de/resource/blob/811572/3e79803afaff01551ebf748254605900/bussweilier-data.pdf (zuletzt abgerufen am 9.5.2021), S. 15.
107 BT-Drs. 19/23707, S. 2.
108 BT-Drs. 19/23707, S. 2.
109 Bussweiler, Stellungnahme zu BT-Drucksache 19/23707 v. 3.12.2020, abrufbar unter:
https://www.bundestag.de/resource/blob/811572/3e79803afaff01551ebf748254605900/bussweilier-data.pdf (zuletzt abgerufen am 9.5.2021), S. 15.
110 Deutscher Juristinnenbund, Stellungnahme zu BT-Drucksache 19/23707 v. 4.12.2020, abrufbar unter:
https://www.bundestag.de/resource/blob/811994/6809951f794b8c998aee25d6b3706c29/steinl_djb-data.pdf (zuletzt abgerufen am 9.5.2021), S. 7.
111 Kinzig, Stellungnahme zu BT-Drucksache 19/23707 v. 3.12.2020, abrufbar unter:
https://www.bundestag.de/resource/blob/811570/5141412739a501a5d46d859a2b3eb6ed/kinzig-data.pdf (zuletzt abgerufen am 9.5.2021), S. 17.
112 Hörnle, Stellungnahme Stellungnahme zu BT-Drucksache 19/23707 v. 2.12.2020, abrufbar unter:
https://www.bundestag.de/resource/blob/811386/28245e43b98ca66b11dc55e388a0726c/hoernle-data.pdf (zuletzt abgerufen am 9.5.2021), S. 13.
113 BVerfG, NJW 2004, 999 (1002).
114 BT-Drs. 19/23707, S. 23.
115 Plenarprotokoll 19/187 Deutscher Bundestag 187. Sitzung am 30.10.2020, S. 23560.
116 BVerfGE 120, 224.
117 BVerfG, NJW 2008, 1137 (1140).
118 BVerfG, NJW 2008, 1137 (1142); Roxin, StV 2009, 544 (544 ff.).
119 BVerfGE 39, 1 (46).
120 Greco, ZIS 2008, 234 (236).

Problematisch ist vor allem die Pönalisierung der Verbreitung der rein fiktiven Kinderpornografie sowie des Besitzes, der Herstellung und der Verbreitung von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild. Hierbei wird zunächst offensichtlich kein Rechtsgut verletzt. Gleichzeitig bezieht sich die Nutzung dieser Inhalte beziehungsweise Puppen auf den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung.

Noch weiter geht der neue § 184l StGB-E: Nicht nur die Verbreitung, sondern auch die Herstellung und der Besitz von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild wird unter Strafe gestellt. Gerade im Bereich des Besitzes wird jedoch in den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung eingegriffen. Gleichzeitig wird zunächst Rechtsgut verletzt. Bestraft werden soll der Besitz nicht wegen einer mit ihm einhergehenden Rechtsgutsverletzung, sondern wegen der vermeintlichen Senkung der Hemmschwelle des Täters zur Begehung eines sexuellen Missbrauchs von Kindern. Das ist eine Vorfeldverlagerung, die weit über die Bestrafung einer Vorbereitungshandlung hinausgeht. Zudem ist die vermutete Steigerung der Gefährlichkeit nicht einmal empirisch belegt.

Trotzdem wird die Höchststrafe nur für Erwerb oder Besitz, also nur für die vermutete Steigerung der eigenen Gefährlichkeit des Täters auf Freiheitsstrafe in Höhe von drei Jahren festgelegt. Dies könnte man zwar versuchen, damit zu begründen, dass die Nutzung einer solchen Sexpuppe deutlich näher an einem realen Missbrauch liegt als der Konsum von rein fiktiver Kinderpornografie. Der Gesetzgeber selbst hat jedoch keine Stellung zu dem Verhältnis der Kindersexpuppen zu der fiktiven Kinderpornografie genommen. Dagegen lässt sich zudem sagen, dass diese, anders als kinderpornografische Inhalte auch zur emotionalen Bedürfnisbefriedigung beitragen können, indem sie etwa als Gesprächspartner genutzt werden. Angesichts der Straflosigkeit des Besitzes der rein fiktiven Kinderpornografie stellt die angedrohte Höchststrafe des Besitzes von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild einen Wertungswiderspruch dar. Selbst wenn man davon ausgeht, durch die Nutzung dieser Puppen werde bei einigen Nutzern die Hemmschwelle zum tatsächlichen Missbrauch gesenkt, könnte damit angesichts des weitreichenden Eingriffs in die Rechte des Nutzes eine Pönalisierung des Besitzes und Erwerbs nicht gerechtfertigt werden.

Dies könnte jedoch in Hinblick auf das Inverkehrbringen, also § 184l Abs. 1 StGB-E anders sein.
Unabhängig von der Empirie würden wiederrum ein Zurechnungsproblem bezüglich der nachgelagerten und eigenverantwortlichen Straftaten anderer Personen bestehen. Es würde die durch die Verbreitung an eine Mehrzahl anderer Personen statistisch steigende Wahrscheinlichkeit einer späteren Tat geahndet werden. Hiergegen sprechen jedoch dieselben Argumente wie bei der fiktiven Kinderpornografie: Es würde eine extreme Vorfeldverlagerung bedeuten. In der Gesetzesbegründung heißt es, insbesondere solle dem Markt für solche Nachbildungen die Grundlage entzogen werden, auch solle ein Signal für die Gesellschaft ausgehen, dass Kinder nicht zum Objekt sexueller Handlungen gemacht werden dürften.125 Das sind hauptsächlich moralische Argumente. Nach dieser Wertung müsste die fiktive Kinderpornografie in jeder Tatmodalität unter Strafe gestellt werden. Zudem müssten auch die Nutzung indikativer Bilder, also solcher, die Kinder ohne jede sexuelle Konnotation in Alltagssituationen zeigen 126, zu Masturbationszwecken pönalisiert werden. Zudem ist hier die Verbreitung selbst bei der kostenlosen Weitergabe in nur einem einzigen Fall erfasst.

Dabei zeigt sich wiederum ein Wertungswiderspruch zu der fiktiven Kinderpornografie – bei dieser ist nur das Verbreiten an einen nicht mehr individualisierbaren Personenkreis erfasst. Um eine Wertungsübereinstimmung zu erreichen, müsste die Strafbarkeit auf das gewerbliche Veräußern begrenzt werden. Zwar ist bei § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB auch das nichtkommerzielle Verbreiten erfasst, jedoch können die Puppen nicht als digitale Inhalte vielen Personen gleichzeitig zur Verfügung gestellt werden. Wer mehrere Puppen verbreitet, wird dies regelmäßig kommerziell tun, sodass auf diese Weise die meisten Fälle der Weitergabe an mehrere Personen erfasst wären und keine Probleme mit dem Bestimmtheitsgebot aufkommen würden.

Die mangelnde Differenzierung zwischen der Verbreitung an eine einzelne Person und der Verbreitung im größeren Ausmaß stellt jedoch innerhalb des § 184l StGB-E sowie im Vergleich zu § 184b StGB einen Wertungswiderspruch dar. Im Unterschied zu der wirklichkeitsnahen Kinderpornografie wird zudem nicht einmal der Eindruck eines realen Geschehens erweckt, zudem kann das Nachfrageargument nicht angeführt werden – durch die Herstellung neuer Puppen wird anders als bei der Herstellung neuer kinderpornografischer Inhalte kein Rechtsgut verletzt. Somit ist auch die Pönalisierung der Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild insgesamt abzulehnen.

Zutreffend ist daher die Aussage von Prof. Dr. Hörnle, welche zu dem Schluss kommt, es sei erschreckend und einer rechtsstaatlichen Rechtsordnung nicht angemessen, dass auf Basis von wenigen Sätzen mit nicht recherchierten Aussagen zu menschlichem Verhalten Kriminalstrafe geschaffen werden soll.127 Im Ergebnis stellt sich § 184l StGB-E als populistische Pönalisierung moralisch-ästhetischer Werte dar, die sich durch den Rechtsgüterschutz nicht legitimieren lässt.
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Kitsune
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Auswirkungen des §184l in der Realität

Beitrag von Kitsune »

Sirius hat sich vor längerer Zeit mal die Mühe gemacht, die BKA Statistik auszuwerten.
https://kinder-im-herzen.net/blog/neunundzwanzig
Anstelle handfester Evidenz wurde das Verbot daher auf sehr wackeligen argumentativen Konstrukten gebaut. Laut CDU-Abgeordneten Thorsten Frei sei aus der Praxis bekannt, dass Kindersexpuppen „in der Regel die Vorstufe für echten sexuellen Missbrauch“ sind, der dann „häufig“ folgen würde. Immer wieder wurden zur Rechtfertigung des Verbots Fälle angeführt, in denen bei Missbrauchstäter:innen angeblich solche Puppen gefunden wurden. Diese Fälle seien ein Beweis dafür, dass „der Wunsch geweckt beziehungsweise verstärkt werden [kann], die an dem Objekt eingeübten sexuellen Handlungen in der Realität an einem Kind vorzunehmen“ – wie es hinterher in der Gesetzesbegründung hieß.
In ganz Deutschland gab es 2022 insgesamt gerade einmal 29 Menschen, gegen die wegen Inverkehrbringen, Erwerb und Besitz von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild ermittelt wurde.
Vergleichen wir dies einmal mit den Zahlen zu sexuellem Kindesmissbrauch. Dort sind letztes Jahr insgesamt 11 130 Tatverdächtige registriert worden. Wenn wir davon ausgehen, dass bei Ermittlungen wegen Kindesmissbrauch in der Regel auch eine Hausdurchsuchung erfolgt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit kindliche Sexpuppen im Besitz des:der Tatverdächtigen findet, folgt daraus, dass ein Anteil von maximal 0,2 % der überführten Kindesmissbrauchstäter:innen eine kindliche Sexpuppe besessen haben. Tatsächlich dürfte der Anteil eher noch geringer sein, da vermutlich nicht jede:r Tatverdächtige von Kindersexpuppen aufgrund von Missbrauchsermittlungen in den Fokus der Ermittlungsbehörden gekommen ist.
Für 2023 ergeben sich recht ähnliche Werte:
Inverkehrbringen, Erwerb und Besitz von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild § 184l StGB: 38
Sexueller Missbrauch von Kindern §§ 176-176e StGB: 11187

In beiden Jahren zeichnet sich somit keinerlei Zusammenhang zwischen den Besitz von Puppen und Missbrauch ab.

Etwas noch interessanteres hat der Regenbogenfisch herausgefunden.
https://kinder-im-herzen.net/blog/wie-eine-luege-durch-wiederholung-zur-wahrheit-wird
Vor etwa drei Monaten wurde dann die polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2022 veröffentlicht. Sirius wies bereits in einem Artikel darauf hin, dass 11 130 Tatverdächtigen von sexuellem Kindesmissbrauch gerade einmal 29 Tatverdächtige gegenüberstehen, gegen die wegen Inverkehrbringen, Erwerb und Besitz von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild ermittelt wurde. Selbst wenn alle diese 29 Tatverdächtigen Missbrauch begangen hätten, so wären das gerade einmal etwas über 0,2% aller Missbrauchstäter. Inzwischen wurden nun auch die Tabellen der Mehrfachtatverdächtigen (also derjenigen, die mindestens zwei Mal während eines Berichtsjahres polizeilich erfasst wurden) veröffentlicht. Von den 29 Tatverdächtigen war dies genaue eine Person. Eine! Es ist noch nicht einmal klar, um welche Straftat es sich hierbei handelt. Aber auch wenn wir davon ausgehen, dass es sich um sexuellen Kindesmissbrauch handelt, wäre das eine Person von 11 130 - oder 0,008%. Und auch dann bleibt völlig unklar, ob diese Person wegen dieser Puppe übergriffig wurde oder, im Gegenteil, trotz dieser.

Und für das Jahr 2023 sieht es noch eindeutiger aus. Alle 38 Personen haben ausschließlich gegen das Puppenverbot verstoßen. Diese 38 Personen haben sich ansonsten nichts zu Schulden kommen lassen und werden nur deshalb, mit bis zu mehreren Jahren Haft bestraft, weil ihre Puppen ein zu kindliches Erscheinungsbild hatten.

Aber sind diese Zahlen nicht eher ein weiterer Beweis dafür, dass die Besitzer solcher Puppen eben keine Straftaten begehen?


Quelle:
polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2023
https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2023/PKSTabellen/ThematischeGliederung/tabellenthema_node.html
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Kitsune
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von Kitsune »

In einen anderen Forum werden schon wieder falsche Behauptungen (natürlich ohne Angabe von Quellen) als Tatsachen dargestellt, obwohl dort schon einige Studien zum Thema geteilt wurden. Aber warum sollte man sich auch die Zeit nehmen um Fakten zu lesen, wenn man eine rege Phantasie hat. :roll:

Wie kann man eigentlich auf die Idee kommen, dass Sexpuppen zu mehr Missbrauch führen würden, wenn bewiesen ist, dass Pornografie zu weniger Missbrauch führt?
https://girlloverforum.net/forum/viewtopic.php?t=27881

Und warum KTW großes Interesse an einen Puppenverbot haben dürfte, kann man hier nachlesen.
https://girlloverforum.net/forum/viewtopic.php?t=27896

Auch Sexpuppen mit erwachsenen Erscheinungsbild führen nicht zu mehr Missbrauch. Wer hätte das gedacht. :roll:

Exploring the Psychological Characteristics and Risk-related Cognitions of Individuals Who Own Sex Dolls
Craig A. Harper, Rebecca Lievesley & Katie Wanless
The Journal of Sex Research, 60:2, 190-205, DOI: 10.1080/00224499.2022.2031848
https://doi.org/10.1080/00224499.2022.2031848
To conclude, this first psychological investigation of sex doll owners appears to support the view that doll ownership is a functional response to a history of poor quality or broken relationships, which in turn are possibly attributable to various beliefs about the unknowability of potential sex partners, less secure attachment styles, and poorer than average levels of sexual self-esteem. Contrary to sociological and legal argu­ments about the increased risk of sexual aggression, we found no evidence of an increased risk of sexual aggression among the sex doll owners in our sample. This is in spite of compara­tively higher levels of offense-supportive cognitions, suggesting a potential protective quality to doll ownership in relation to sexual aggression. In sum, we hope that our data can advance a more evidence-informed social conversation about sex doll ownership, shifting the focus away from blanket criminaliza­tion and stigmatization and toward a functional analysis of how, why, and under what conditions dolls are incorporated into healthy sexual expression.

Aber manche Leute glauben einfach das, was sie glauben wollen.
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Kitsune
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Re: Die Begründung für das Puppenverbot (§184l) und Studien über Sexpuppen

Beitrag von Kitsune »

Danke Karamello. :herz:
Zuletzt geändert von Kitsune am 13.01.2025, 18:58, insgesamt 1-mal geändert.
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