Hauptbereich für Diskussionen.
Benutzeravatar
Cocolinth
Beiträge: 4972
Registriert: 08.10.2008, 21:02
Wohnort: ********* [email protected]

Re: Zusammenhang zwischen kindlichen Erfahrungen und Pedo?

Beitrag von Cocolinth »

Ovid hat geschrieben:"sexueller Mißbrauch" wurde für Kinder juristisch umdefiniert.
"sexueller Mißbrauch" == "jegliches sexuelles Erlebnis" um "Die von vorzeitigen sexuellen Erlebnissen ungestörte Gesamtentwicklung des Kindes sicherzustellen"

Denn als man das Gesetz einrichtete war man der Meinung, dass jedes gewollte oder ungewollte sexuelles Erlebnis ausgehend von wem oder was auch immer, die Gesamtentwicklung des Kindes maßgebend und in jedem Falle störe.
Siehe dazu auch:
Das Gericht bestätigte [...] die Verurteilung eines Exhibitionisten zu eineinhalb Jahren Haft [...] Laut Gericht onanierte er vor der [Webcam] und erregte sich daran, dass die Kinder dies sahen.

[...]Zur weiteren Begründung hieß es, es bestehe kein Zweifel, dass laut Gesetz "Kinder zum Schutz ihrer ungestörten Gesamtentwicklung vor solchen Wahrnehmungen umfassend bewahrt werden sollen".
http://portal.gmx.net/de/themen/digital ... afbar.html

Erfahrungen werden einfach umfassend in "Störungen der freien Entwicklung" umdeklariert. Eine "ungestörte Entwicklung" bedeutet somit letztlich, dass das Kind einzig dem erzieherischen Einfluss von Eltern und Schule unterworfen sein und ansonsten sexuell isoliert aufwachsen soll.
Sex mit Kindern ab 14 ist (in D) per se legal:
  • „Der Gesetzgeber traut diesen zu, über ihre Sexualität in einem gewissen Umfang selbst zu bestimmen. […] eine pauschale Strafbarkeit besteht somit nicht. [Nur] In besonderen Fällen ist […] der Sex […] unter Strafe gestellt.“
(Thx @ ChrisGL&Anwalt)
Benutzeravatar
Smaragd aus Oz
Beiträge: 12755
Registriert: 09.05.2009, 10:34
Kontaktdaten:

Re: Zusammenhang zwischen kindlichen Erfahrungen und Pedo?

Beitrag von Smaragd aus Oz »

Cocolinth hat geschrieben:Wieso losgelöst von strafrechtlichen Kategorien? Gerade die interessieren hier ja.
Losgelöst deshalb, weil ich die Lösung des Strafgesetzes zu Beantwortung der Frage, ob bei einer sexuellen Handlung eines Kindes an einem anderen Kind "Seelenmord" oder "Mißbrauch" vorliegt, für falsch halte.

Daß das Gesetz jede sexuelle Handlung an einem Kind - egal durch wen - objektiv als sexuellen Mißbrauch ansieht, habe ich nicht bestritten und wenn es Dir um diese Einordnung ging, so stimme ich mit Dir vollends überein. Nach der Gesetzeslage ist das Kind durch ein anderes Kind tatsächlich Opfer eines sexuellen Mißbrauchs geworden.

Diese Regelung des Gesetzes halte ich jedoch für unzutreffend, weil der § 176 StGB nur durch eine formale Altersgrenze aus jeder sexuellen Handlung automatisch einen Mißbrauch macht und mit der Begründung, ein Kind solle sich ohne jeden sexuellen Einfluß entwickeln, den Mißbrauchscharakter fingiert.
Oder wie Ovid so schön geschrieben hat:
Ovid hat geschrieben:"sexueller Mißbrauch" wurde für Kinder juristisch umdefiniert. [...] Hier decken sich juristische Definitionen mit der moralischen Bewertung der Gesellschaft nicht. [...] Die Altersgrenze ist genaugenommen eine juristische Entität, die Kindern die Mündigkeit abspricht sich dafür entscheiden zu können von anderen Personen sexuell addressiert zu werden.
Wir haben also keine abweichende Ansicht über die Anwendung des Gesetzes, sondern über die Gedanken, die hinter der Regelung stecken.

Ich bin entgegen dem Gesetze der Meinung, die Kinder sollen im Kindesalter untereinander die Sexualität entdecken. Bei mir wurde - der Gesetzesintention konform - die kindliche Sexualität gehemmt; und heute zahle ich den Preis dafür.

Wenn ich somit die juristische Einordnung von "Mißbrauch" ablehne, dann brauche ich ja andere Abgrenzungskriterien. Und das sind die von mir im letzten Beitrag genannten.


Unter dem Aspekt, daß ich die gesetzliche Mißbrauchsdefinition ablehne finde ich es auch problematisch, wenn Cocolinth "sexuellen Mißbrauch" und "Seelenmord" in einem Zusammenhang nennt. Ich denke nicht, daß jede Handlung, die nach dem Gesetz objektiv als sexueller Mißbrauch fingiert wird, auch ein Seelenmord sein muß.
Ein Mißbrauch liegt nach dem Gesetz ja schon bei jeder sexuell intendierten Handlung vor. Unter einem Seelenmord aber stelle ich mir eine schwerwiegende psychische Beeinflussung vor, und nicht jede kleinste Beeinflussung der Sexualentwicklung.

Jetzt kannst Du, Cocolinth, mir wieder mit einem Augenzwinker-Smilie entgegenhalten, daß es das Gesetz aber genauso sieht.
Ja, aber genau das halte ich für falsch.

Vielleicht sollte man auch mal klären, was genau man unter "Seelenmord" verstehen kann. Wie tötet man eine Seele? Wird aus dem Totschlag Mord, wenn das Kind die sexuelle Handlung nicht zur Befriedigung des Geschlechtstriebes - wenn es keinen hat - sondern aus Neugier begeht?
... Und hab’s Pflücken nicht gemacht.
Benutzeravatar
Ovid
Beiträge: 9521
Registriert: 09.10.2008, 20:26
Wohnort: ricochet:y3oy6i4ubgu4b2pd

Re: Zusammenhang zwischen kindlichen Erfahrungen und Pedo?

Beitrag von Ovid »

Smaragd aus Oz hat geschrieben:Unter dem Aspekt, daß ich die gesetzliche Mißbrauchsdefinition ablehne finde ich es auch problematisch, wenn Cocolinth "sexuellen Mißbrauch" und "Seelenmord" in einem Zusammenhang nennt.
Cocolinth gibt nur die Sicht der Gesellschaft wieder, auch um aufzuzeigen wie betriebsblind die Gesellschaft eigentlich ist. Vielleicht merkt jemand mal wie verkorkst einseitig man einen juristischen Tatbestand wertet, wenn man das mal selber künstlich aufbauscht.

Die kriegen das nämlich nicht gebacken zu differenzieren. Denn, wenn ein juristisches Urteil feuert ala "Ein Kind wurde sexuell missbraucht", dann hat so gut wie jeder gleich die Assoziation mit schlimmsten psychischen Traumata. Keiner würde differenzieren und sagen: "Oha. Wie schlimm ist es denn? Oder war das fast gar nichts?"
Es existieren nach aussen hin doch nur die klasisschen Bild-Fälle mit originalem wirklichen Missbrauchs/Nötigungs-charakter. Folglich muss auch jeder Fall ein Seelenmord des Kindes gewesen sein.
Vielleicht liegt das auch etwas an der gedanklich verkorksten Transferleistung:

"Sexueller Missbrauch ist ja was Schlimmes. Und jetzt passiert das Gleiche mit Kindern. Oh mein Gott!!!"

Es ist nun eben nicht das Gleiche. Wissen sie zwar auch, aber die Bewertung bleibt erstmal gleich und wird dann nochmal verschlimmert, weil die Tat Kinder zum Opfer hat.
Das Strafgesetz ist so gesehen ein moralischer Kompass für die Gesellschaft.
Wir wachsen hier auf und sehen: "Aha, das ist verboten --> Bööösee. Das ist erlaubt --> In Ordnung!"
Hinterfragen können die meisten nur richtig, wenn sie direkt betroffen sind von einem Gesetz, und zwar wenn es etwas Freiheitseinschränkendes ist.

Smaragd aus Oz hat geschrieben: Ich denke nicht, daß jede Handlung, die nach dem Gesetz objektiv als sexueller Mißbrauch fingiert wird, auch ein Seelenmord sein muß.
Das ist allgemein übliche gesellschaftliche Definition, die Coco hier wiedergibt. Darauf kann man sich ja einigen, wenn man darüber spricht. Wir definieren einfach: Sexueller Kindesmißbrauch = Seelenmord.
Smaragd aus Oz hat geschrieben: Ein Mißbrauch liegt nach dem Gesetz ja schon bei jeder sexuell intendierten Handlung vor. Unter einem Seelenmord aber stelle ich mir eine schwerwiegende psychische Beeinflussung vor, und nicht jede kleinste Beeinflussung der Sexualentwicklung.
Wieso nur psychisch?
Jede sexuelle Handlung an, vor oder mit einem Kind beeinträchtigt die "Gesamtentwicklung" des Kindes "schlimm genug um verboten zu sein", wenn man das mal pseudo-logisch zirkelschliesst, wie die Gesellschaft.

Smaragd aus Oz hat geschrieben: Jetzt kannst Du, Cocolinth, mir wieder mit einem Augenzwinker-Smilie entgegenhalten, daß es das Gesetz aber genauso sieht.
Ja, aber genau das halte ich für falsch.
Nein. Das Gesetz sieht es nicht als "Seelenmord" oder sondergleichen, sondern das Gesetz sieht nur ganz lapidar einen Tatbestand erfüllt.
Man kann aber eine Aussage darüber machen, wie das Gesetz ursprünglich vorgesehen war: Und da haben wir schon festgestellt: Jede sexuelle Handlung an, vor oder mit einem Kind stört angeblich dessen Gesamtentwiclung (juristisches Axiom), also soll das verboten sein.
Die Bewertung "Seelenmord" kommt erst von aussen dazu. Wenn Menschen aus einem Strafgesetz eine moralische Bewertung ableiten wollen, die heutzutage da heisst: "Sexueller Kindesmißbrauch = Seelenmord"
Antworten