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naylee
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Volkmar Sigusch über Pädophilie (Artikel von 2011)

Beitrag von naylee »

Ich widme diesem Artikel gerne einen eigenen Thread, da er doch tiefer geht, als es den Anschein hat. Aber lest selbst.

Ursprünglich wurde der Artikel (https://www.aerzteblatt.de/archiv/105875/Sexueller-Kindesmissbrauch-Zum-Stand-von-Forschung-und-Therapie) in diesem Thread gepostet
Namielle hat geschrieben: 03.11.2024, 11:03 Pädohysterie anno 2024


Der Artikel ist von Volkmar Sigusch, der ist mir als Wissenschaftler ein Begriff. Was ich nur nicht verstehen kann: Warum vermischt er in nur wenigen Absätzen so sehr die wissenschaftliche Sicht mit seiner eigenen bzw. mit der Sicht der Gesellschaft? Deshalb nochmal ein größerer Ausschnitt des gesamten Artikels. Es gibt keine Auslassungen, lediglich Unterbrechungen durch meine eigenen Gedanken. Fett habe ich hervorgehoben, was heutzutage von der breiten Masse der Gesellschaft eigentlich anerkannt sein sollte. Blau habe ich hervorgehoben, wo ich nicht mitgehe und Diskussionsbedarf sehe.

Seit dem Erscheinen dieses Artikels sind 13 Jahre vergangen. Ich habe das Gefühl, vieles von dem, was uns hier an Verständnis entgegengebracht worden ist, ist heute in Vergessenheit geraten.


Ärzteblatt hat geschrieben:
Bedrohliche Pädophilie

Durch die „neosexuelle Revolution“ der letzten Jahrzehnte sind viele vordem als pervers angesehene Praktiken in ein mildes öffentliches Licht gerückt worden – nicht aber die Pädophilie. Sie ist eines der letzten sexuellen Tabus, weil die kindliche Sexualität bei uns tabu ist. Der letzte Grund, warum wir Pädophilie als bedrohlich wahrnehmen, sind unsere Vorstellungen von Kindheit als dem letzten Refugium von Vertrauen, Sicherheit und unschuldiger Liebe. Historisch ist die Emotionalisierung des Familienlebens seit dem 19. Jahrhundert zu bedenken, die die Familienmitglieder auf sexuelle Distanz brachte und das Inzesttabu zementierte. Noch zur Zeit der deutschen Klassik jedoch hat sich niemand darüber aufgeregt, wenn zum Beispiel ein Gelehrter, den wir immer noch verehren, mit einem aus heutiger Sicht minderjährigen Mädchen sexuell verkehrte oder es heiratete. Solange die Existenz einer kindlichen Sexualität nicht anerkannt ist, so lange kann über sie nicht vernünftig gesprochen werden. Immer noch streiten sich Fachleute, ob es so etwas wie infantile Sexualität überhaupt gibt. Tatsächlich aber zeigen schon kleine Kinder sexuelle Reaktionen bis hin zum Orgasmus, bei Jungen vor allem Erektionen, bei Mädchen Vaginallubrikationen, auch wenn diese Reaktionen nicht durch Fantasien wie bei Erwachsenen hervorgerufen worden sind, sondern sich reflektorisch ereignen.

Heute hat bei uns die sexuelle Selbstbestimmung dank „sexueller Revolutionen“ einen hohen Rang. Über diese reflektierte Selbstbestimmung verfügt ein vorpubertäres Kind aber noch nicht. Da ein vorpubertäres Kind noch nicht einmal weiß, was Liebe und Sexualität sind, was sie bedeuten, was sie symbolisieren, wie sie von anderen Menschen gesehen und gelebt werden, kann auch nicht von sexueller Selbstbestimmung die Rede sein. Allein aus diesem Grund ist das Verhältnis eines Pädosexuellen zu einem Kind auf Sand gebaut, drastischer gesagt: auf eine (Selbst-)Täuschung des Erwachsenen. Eine behauptete „Einvernehmlichkeit“ zwischen dem Kind und dem Pädosexuellen gründet entweder auf der sozial prekären Lage des Kindes oder auf den Einfühlungs- und Verführungskünsten des Erwachsenen. Ohne derartige ebenso besondere wie verfängliche Umstände ist kein Kind bereit, mit einem Erwachsenen solche ekligen Dinge zu tun. Zwischen der kindlichen Sexualität und der eines Erwachsenen klafft ein unüberwindbarer Abgrund, der nur durch mehr oder weniger erkennbare Gewaltanwendung und Machtausübung überwunden werden kann – mit den bekannten Folgen.


Warum soll eine Einvernehmlichkeit nur auf den Verführungskünsten oder auf der prekären Lage des Kindes basieren? Was ist Einvernehmlichkeit eigentlich, also auf welcher Ebene diskutieren wir hier? Reden wir von der Einvernehmlichkeit, sich gegenseitig nackt zu betrachten und zart zu befühlen? Oder reden wir von der Einvernehmlichkeit zu analer Penetration? Schon allein darin besteht ein gewaltiger Unterschied, und ein solcher Unterschied muss dem Kind bewusst sein, genauso wie es einem Kind bewusst ist, dass eine einvernehmliche innige Handlung, wie zum Beispiel Streicheln des Kopfes, eher mit jemandem begangen wird, den es auch mag. Kein Kind wird sich gerne von der ungeliebten Tante am Kopf streicheln lassen. Kein Kind wird sich in den Armen einer fremden Frau fallen lassen. Also muss vielmehr diskutiert werden, ob Einvernehmlichkeit in seinen verschiedenen Ausprägungen nicht durch eine gute Beziehung, durch Vertrauen und Geborgenheit entsteht. Und da mutet es abenteuerlich an, diese Dinge mit "Einfühlungs- und Verführungskünsten" gleichzusetzen. Diese Verführungskünste würden dann nämlich auch auf sämtliche Personen zutreffen, bei denen sich das Kind außerhalb des innersten Familienkreises geborgen und sicher fühlt.

Weiterhin wird gefragt, ob es eine infantile Sexualität überhaupt gibt. Die Frage wird implizit positiv beantwortet: Ja, es scheint sie zu geben. Dann aber reduziert der Autor die infantile Sexualität auf eine Erektion bzw. auf eine Vaginallubrikation des Kindes. Wo bleibt der Blick auf die Gefühlswelt des Kindes? Hat er sich als Kind selbst nie verliebt? Nie in Kinder oder andere Erwachsene? Hat er nie die sexuell gefärbte Annäherung zur eigenen Mutter verspürt? Das verstehe ich nicht.

Warum kommt Herr Sigusch am Ende diesen Absatzes zu dem Schluss, dass es immer um mehr oder weniger erkennbare Gewaltanwendung geht? Dass zwischen kindlicher und erwachsener Sexualität eine Lücke klafft, von mir aus auch ein "Abgrund", das steht außer Frage. Warum soll er aber unüberwindlich sein, also unüberwindlich für alle Facetten der Sexualität? Nicht-genitale und fürsorgliche Liebe (ich mag den Ausdruck, man möge mir die mehrfache Wiederholung verzeihen) kann diese Lücke sehr wohl überbrücken und wird wohl auch von den allermeisten Pädophilen als erstrebenswertes Ziel angesehen. Wo kommt jetzt die Gewalt her? Ist es Gewalt, die wir allein durch unsere physische und psychische Überlegenheit erzeugen? Wo bleiben dann die Eltern als Gewalttäter, dem das Kind in den ersten Jahren wohl 24 Stunden am Tag ausgesetzt ist? Ich persönlich gehe mit den Kindern immer eine enge Beziehung ein und ich verführe sie auch. Aber gleichzeitig lasse ich mich auch verführen und ordne mich unwillentlich unter. Die Kinder spüren, dass unsere Beziehung grundsätzlich auf Augenhöhe ist, auch wenn ich im Zweifel derjenige bin, der das letzte Wort hat. Und selbst dann spüren sie wohl, wie sehr es mich manchmal Überwindung kostet, dies zu tun. Doch Gewalt, auch unbewusst, die sehe ich nicht. Woher also kommt diese Formulierung, die einfach nur hingeworfen wird am Ende des Absatzes ohne überhaupt irgendwie erläutert zu werden? Denn leider muss sie nicht erläutert werden: Alleine das Gewicht der Worte selbst macht die Behauptung glaubhaft und lässt sie im Gedächtnis des Lesers haften bleiben.

Ärzteblatt hat geschrieben:
Tragische Täter

Das Verhalten pädophiler und pädosexueller Männer ist sehr different. Es reicht von der sexuellen Abstinenz über die ungenitale Liebe und Fürsorge, die einem Kind guttut, bis hin zur Fetischisierung des kindlichen Körpers ohne weitere Ansprüche an die kindliche Person und, wenngleich sehr selten, bis hin zur Vergewaltigung eines wehrlosen Kindes. Ein Mensch, der pädophile Neigungen hat, kann so wenig dafür, wie der, der erwachsene Frauen begehrt. Außerdem hat sein Begehren die seelische Funktion, einen unbewussten Konflikt einzudämmen oder abzuwehren, der den Zusammenhalt seiner Person bedroht, beispielsweise durch schwere Depressionen. In einer wirklich liberalen Gesellschaft könnte auch der Pädophile offen zu seinem Begehren stehen; es auszuleben, könnte aber selbst dann nicht toleriert werden. Erkannt würde jedoch die Tragik dieser Menschen, die ein Leben lang trotz greifbarer Nähe auf das verzichten müssen, was ihnen im Leben am liebsten ist. Pädophilie heißt ja, dieser Mensch fühlt sich nur wohl, fühlt sich nur geborgen, wenn seine mehr oder weniger unbewusste Sehnsucht nach der eigenen als verloren erlebten Kindheit durch das kindliche Leben mit Kindern erfüllt wird.
Sicherlich muss ich mir aus wissenschaftlicher Sicht vorwerfen lassen, hier nur jenen Aussagen zustimmen zu wollen, die mir selbst in mein Weltbild passen. Aber immerhin ist dies ein Kommentar, der kein Anspruch auf Richtigkeit erhebt, sondern zum Nachfragen und Reflektieren einladen soll.

Es wird klar herausgestellt, dass das Verhalten pädophiler Männer auch die ungenitale und fürsorgliche Liebe einschließt, die einem Kind gut tut. Dieser Fakt scheint heute, 13 Jahre nach Erscheinen des Artikels, leider in Vergessenheit geraten zu sein. Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus kann ich diese Aussage nur unterstreichen: Mit jedem Mädchen hat sich eine Liebe zwischen uns entwickelt, die ihr und mir gut tat. Einzig das Verhalten mancher Erwachsener, die diese Liebe nicht anerkennen wollten, hat letztendlich uns beiden dann geschadet. Das Hauptaugenmerk meines Wirkens aber liegt immer auf dieser Form der Zuneigung. Um es mit den Worten von Mitleser zu sagen:
Mitleser hat geschrieben: 03.11.2024, 19:20 Jedenfalls kann man wunderbar auch nicht-sexuelle Kontakte mit Kindern haben und ist dennoch sexuell erfüllt, allein durch körperliche Nähe, die auch die Kinder sehr wohl genießen!
Ebenfalls aus heutiger Sicht eher unbekannt ist hier die Trennung zwischen sexueller Abstinenz und ungenitaler Liebe und Fürsorge. Das bedeutet nämlich im Umkehrschluss: ungenitale Liebe und Fürsorge ist sehr wohl sexuelles Handeln. Ein sehr wichtiger Schluss, der die Bandbreite der Sexualität herausstellt und gleichzeitig das sexuelle Handeln einer jeden Person klarstellt. Niemand kann sich herausreden und sagen: Mein Handeln enthält keine sexuelle Komponente. (Kleiner Gruß an alle Mamas, Papas und Anti-C'ler da draußen).

Ist meine Pädophilie nun eine unbewusste Reaktion auf meine eigene, verlorene Kindheit? Dämme ich unbewusst damit einen inneren Konflikt ein? Gerne würde ich dem widersprechen, doch ich kann es nicht. Jeder von uns, also auch jeder Teleiophile, jeder Homophile, jeder Briefmarkensammler und jeder Sportwagen-Vernarrte, auch jeder der sich ohne finanzielle Not als Berufssoldat oder Polizist oder Feuerwehrmensch verdingt, handelt mit seinem Handeln aus Impulsen heraus, die er selbst nicht begreifen kann. Diese Impulse entstehen natürlich aus dem unbewussten Drang nach der Befriedigung eines Bedürfnisses heraus, welches entweder in der Kindheit oder später oder vielleicht sogar erst im letzten Jahr entstanden ist durch den, sagen wir mal, Verlust eines geliebten Menschen. Es ist also etwas völlig natürliches, mit seinem eigenen Handeln unbewusste Sehnsüchte zu bedienen. Bestes Beispiel hierfür können sehr wohl Psychologen und Psychotherapeuten sein, die auch aus eigener Erfahrung mit ihrer Berufswahl immer etwas zu kompensieren und zu verstehen versuchen. Es sollte also festgehalten werden, dass unsere vermeintliche Suche nach der "verlorenen Kindheit" nichts abnormes ist.
Ob ich nun aber wirklich eine verlorene Kindheit aufzuarbeiten versuche, das kann ich nicht beurteilen. Schließlich war meine Kindheit noch voll im Gang, als ich mir das erste Mal über meine sexuelle Andersartigkeit bewusst hätte werden können: An dem Tag nämlich, als ich mit meinen 12 Jahren Freunden unterwegs war und als wir eine Drittklässlerin trafen, die uns ihre Muschi zeigen wollte. Meine Freunde suchten wandten sich angewidert ab und suchten das Weite, ich folgte ihnen, aber insgeheim überlegte ich, wie ich unbemerkt wieder zurück kommen könnte zu dem Mädchen, weil mich ihre junge Muschi damals schon interessierte. Nun, 12 Jahre meiner Kindheit habe ich bis dahin schon verbracht. 12 Jahre, in denen so einiges schief gelaufen sein wird, welches mich pädophil werden ließ. Dennoch ist es kein Grund, mich deshalb selbst dafür zu verurteilen.

Ich als Pädophiler unterstreiche die Aussage, dass ich mich nur wirklich wohl fühle, wenn ich mit Kindern zusammen bin und wenn ich mit den Kindern gewissermaßen eine Reise antrete in meine eigene Kindheit. Ob verloren geglaubt oder nicht, sollte hier erstmal unerheblich sein. Warum aber darf es nicht toleriert werden, wenn ich meine Sexualität auslebe? Wo doch nur einige Absätze zuvor die so schön formulierte nicht-genitale und fürsorgliche Sexualität als besonders förderlich für die Kinder herausgestellt worden ist? Nein, ein Ausleben meiner Sexualität muss toleriert werden. Weil ich es die ganzen Jahre nämlich schon praktiziere: Eben auf diese sanfte Art und Weise. Was nicht toleriert werden darf, ist ein Übergriffiges Ausleben meiner Sexualität. Und da sind wir an dem Punkt, an dem das Kind zwingend mit einbezogen werden muss in die Diskussion, denn nur das Kind selbst kann beurteilen, was übergriffig ist und was nicht. Und bitte: Kinder können das sehr wohl. Jedes Kind kann kundtun, wenn es diesbezüglich von den Erwachsenen gestärkt wurde (Stichwort: Empowerment), wenn ihm etwas nicht gefällt. Bestes Beispiel ist der Begrüßungskuss für die liebe Tante.
Ärzteblatt hat geschrieben:
Bei Therapien geht es für die Betroffenen ums Überleben und nicht um die Auflösung eines begrenzten Konfliktes aus der Kindheit, den man erinnern kann. Es geht um fixierte Vorlieben oder entfaltete Perversionen, die die Person zusammenhalten. Alle Therapeuten stehen also vor einer gewaltigen Aufgabe. Ihre Erfahrungen sind sehr unterschiedlich. Die einen berichten, dass sie nach Strich und Faden belogen worden seien, wie gleichzeitig stattfindende polizeiliche Durchsuchungen bei den Patienten ergeben hätten. Andere sagen, dass die Patienten keinerlei Einsicht in ihr inakzeptables Verhalten gezeigt hätten. Wieder andere teilen mit, dass ihre Patienten in schwerste Depressionen mit einer Tendenz zum Zusammenbruch der gesamten Person gefallen seien. Dass Pädophile durch eine Therapie darauf verzichten, ihre sexuellen Wünsche zu realisieren, gehört eher zu den Glücksfällen. Ein solcher kann eintreten, wenn der Patient über eine hohe Moralität oder Religiosität verfügt, sozial gehalten ist und sein sexuelles Begehren keinen suchtartigen Verlauf genommen hat.
Es geht also um fixierte Vorlieben oder entfaltete Perversionen? Das trifft auf jeden Menschen zu. Auf jeden einzelnen. Was ist eine Perversion? Eine Abartigkeit? Ist der Mann abartig, der erst dann so einen richtigen Orgasmus erlebt, wenn er beim Sex an der Prostata massiert wird? Natürlich ist dieses Verhalten nicht. Es ist eine Perversion. Wen interessiert's? Muss meine fixierte Vorliebe für Kinder therapiert werden? Reicht es nicht völlig aus, mit Gesprächen und gegenseitigem Verständnis und gegenseitiger Akzeptanz ein Klima zu schaffen, welches der Ausnutzung der kindlichen Wehrlosigkeit Einhalt gebietet? Genauso wenig, wie ein heterosexueller Mann über die nächste Frau herfällt, genauso wenig tut dies ein Pädophiler bei einem Kind. Würden wir allerdings in einer Gesellschaft leben, in der es dieses stillschweigende Einverständnis nicht gäbe, eben NICHT über Frauen herzufallen, dann sähe die Sache für unsere Frauen ganz anders aus. Und auch das hatten wir einmal gehabt. Nicht in grauen Vorzeiten, sondern gerade einmal 60, 70 Jahre zuvor. Kleine Erinnerung: In den 50ern gehörte es fast zum guten Ton, der Arbeitskollegin beim Vorübergehen auf den Po zu klatschen. Eine aus heutiger Sicht völlig inakzeptable Verhaltensweise. Wie konnte es dazu kommen? Durch gemeinsam geschaffene gesellschaftliche Werte. Durch den aufkommenden Feminismus und durch das zunehmende Selbstbewusstsein der Frau. Eine Gesellschaft hat also gemeinsam ein sexuell herabwürdigendes Verhalten abgeschafft und durch andere Verhaltensweisen ersetzt. Ganz ohne Therapie. Nur mit Gesprächen, gegenseitigem Verständnis und gegenseitiger Akzeptanz.

Gehört es nun zum Glücksfall, dass Pädophile auf ein aggressiv-genitales Ausleben ihrer sexuellen Präferenz verzichten? Ich denke nicht. Die Statistiken beweisen das Gegenteil. 60% bis 90% der gemeldeten Missbräuche werden von nicht-pädophilen Menschen begangen. Wenn ich mich hier im Forum umschaue sehe ich niemanden, dem ich es zutraue, ein Kind als Sexualobjekt zu missbrauchen. Und das bei einer Nutzerschaft, die Mehrheitlich die Möglichkeit sexuell gelingender Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen nicht ausschließt. Vielleicht verfügen wir alle ja über "eine hohe Moralität oder Religiosität [...], sozial gehalten [...] und sein sexuelles Begehren [...]" hinten an stellend. Vielleicht ist das auch kein Glücksfall sondern das Ergebnis von harter Arbeit. Harte Arbeit, nur möglich durch eine offene und respektvolle Gessprächskultur? Aber dies, meint Herr Sigusch ja selbst, sei unbedingt notwendig in unseren Zeiten.
Ärzteblatt hat geschrieben:
Weil unsere Kultur keine Ars erotica hervorgebracht hat, weil bei uns nicht Eros, sondern nach wie vor Anteros herrscht, wird vergessen: Die Sinnlichkeit, die sich zwischen einem Kind und einem Erwachsenen spontan entfaltet, ist etwas Wunderschönes. Nichts vermag intensiver an die Paradiese der Kindheit zu erinnern. Nichts ist reiner und harmloser als diese Erotik des Leibes und des Herzens. Im Grunde ist nichts humaner. Alle Erwachsenen, die sinnlich lieben, versuchen unwillkürlich, wieder zu Kindern zu werden. Sie ahnen, dass sie sich nur dann erotisch begegnen können, wenn sie die Kalkulationen der Erwachsenenwelt hinter sich lassen.


Ganz genau. Nur leider könnte man diese Worte heute wohl nicht noch einmal neu verfassen, ohne angefeindet zu werden. Meine Vermutung. Die Sinnlichkeit zwischen dem Erwachsenen und dem Kind: reine Sexualität, nichts anderes. Ein Grund mehr, auf Begrifflichkeiten wie Pro-C oder Anti-C zu verzichten. Und ein Grund mehr, allen Müttern und Vätern die Grundlagen ihrer Liebe zu ihren eigenen Kindern zu erklären: Erotik und Sexualität. Und genau diese "Erotik des Leibes und des Herzens" ist das, was mich und sicherlich auch die meisten anderen Pädophilen anspricht. Die erotische Liebe eines Kindes, die "reiner und harmloser" nicht sein kann.

Ärzteblatt hat geschrieben:
Die kindliche Erotik ist aber nicht nur voller Wonnen, sie ist auch notwendig. Sie ist eine Bedingung der Möglichkeit der Menschwerdung. Als wesentliche Quelle der Individuation tariert sie Nähe und Distanz aus und jene Gefühle, ohne die Liebe unmöglich ist: Wohllust und Wollust, Vertrauen in sich selbst und in andere. Wer nie im Paradies der kindlichen Erotik gelebt hat, wird sich nur sehr mühsam in einen anderen Menschen einfühlen und sich selbst der Drangliebe ohne Angst überlassen können. Ein solches Menschenkind wird oft grau, starr und stumpf. Ihm fehlt der Glanz im Auge und in der Seele. Wird die kindliche Erotik vorzeitig sexualisiert, wächst die Gefahr, dass Sinnlichkeit im Erwachsenenalter plötzlich in Destruktivität umschlägt, weil dieser Mensch nie gelernt hat, mit den Erregungen, Versagungen und Aggressionen umzugehen, die Liebe und Sexualität immer begleiten.

Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2011; 108(37): A 1898–1902

Anschrift des Verfassers
Prof. Dr. med. habil. Volkmar Sigusch,
Direktor em., Institut für Sexualwissenschaft im Klinikum der Goethe-Universität Frankfurt,
jetzt: Praxisklinik Vitalicum am Opernplatz,
Neue Mainzer Straße 84, 60311 Frankfurt am Main,
[email protected]

Vielleicht liegt hier des Pudels Kern begraben, zumindest was meine Person betrifft? Als Säugling durfte ich nicht im Paradies der kindlichen Erotik leben. Medizinische Gründe hatten sie mir versagt. Als diese Gründe dann später wegfielen, wehrte ich mich dagegen, diese Erotik, die Nähe und Geborgenheit zu spüren. Ich wollte körperliche Nähe nicht ertragen. Lange hat es gedauert, um dieses Trauma zu bearbeiten, um Nähe als etwas wertvolles zu empfinden. Wohl nicht zufällig habe ich diese Nähe nur bei Kindern finden können. Mittlerweile kann ich auch die Nähe von Erwachsenen genießen, allerdings ist es in keinem Fall mit der Nähe zu einem Kind vergleichbar. Bin ich aber deshalb grau, starr und stumpf? Fehlt mir der Glanz im Auge und in der Seele? Sicherlich nicht, denn ich habe die Kurve bekommen, wenn auch spät. Wer aber nie Nähe und Geborgenheit erfährt, die kann sie nicht empfinden und nicht weiter geben. Die Formulierungen von Herrn Sigusch empfinde ich als abenteuerlich und mutig. Sie erinnern eher an Prosa, als an einen wissenschaftlich zitierbaren Artikel.

Was passiert nun, wenn diese kindliche Erotik vorzeitig sexualisiert wird? Zunächst muss geklärt werden: Was ist vorzeitig? Was ist eine Sexualisierung? Welche Grenzen kann man ziehen und wie viele Grenzen gibt es überhaupt? Wir reden hier von einem breiten Spektrum. Vorzeitige Sexualisierung durch den Kuss eines Vierjährigen auf den Mund der lieben Tante? Vorzeitige Sexualisierung durch das Schmusen und sanfte Betasten der Genitalien des Nachbarsjungen? Wo ist der Unterschied zum Betasten meiner erwachsenen Genitalien? Der Nachbarsjunge wie auch ich wird in so einer Situation eine Erektion haben. Oder reden wir hier von vaginaler Penetration einer Siebenjährigen? Die Bandbreite sexueller Handlungen ist wahnsinnig groß und genau genommen beginnt sie damit, wenn die geliebte Oma ihrem Enkel liebevoll in die Augen schaut, ihm sanft über die Wangen streicht und ihn anschließend ganzkörperlich umarmt. Nur wird die Oma wohl von niemandem für ihre sexuelle Handlung angefeindet werden.
Wie nur kann ich derjenige sein, vor dem die Kinder dieser Welt gewarnt werden, von dem sie sich fernhalten sollen, wenn sie doch meine Gegenwart ganz und gar erbaulich finden?
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