Cocolinth hat geschrieben:Denn der Anlass zu Zweifeln ist wieder so ein vor-wissenschaftlicher Aspekt, der nur mit persuasiven Mitteln ausgefochten wird.
Diese Unterscheidung in vor- und nachwissenschaftlich ist etwas, was ich nicht nachvollziehen kann. Die Aufklärung sah sich wohl in so einer Situation, wir beginnen jetzt das Zeitalter der Wissenschaft, alles viel besser und völlig anders als dieser religiöse Quatsch vorher. Aber die damaligen Vorstellungen von der wissenschaftlichen Methode waren einfach nur Quatsch.
Poppers kritischer Rationalismus zeigt, dass es von der Methode her gar keinen Unterschied gibt zwischen eine Vorwissenschaft und der Wissenschaft. Hypothesen aufgestellt hat man schon vorher, aus Hypothesen Voraussagen abgeleitet auch, wenn die zutrafen, wurde das schon immer als Unterstützung für die Richtigkeit der Hypothese selbst angesehen, aber es war trotzdem den meisten klar, dass eine solche Unterstützung noch kein Beweis der Richtigkeit ist. Mit anderen Worten, die Wissenschaft nach dem kritischen Rationalismus ist nichts als gesunder Menschenverstand, den es auch schon vorwissenschaftlich gab.
Es geht/ging um die Frage, ob Wissenschaft an sich ethisch wertschöpfend sein kann. Und da ist es eben wichtig, ob bei einer Bejahung dieser Frage nicht doch ethische, vorwissenschaftliche Stützen in Form klotziger Prämissen zu Hilfe genommen werden. ...
Und worum dieser Streit nun eigentlich geht, ist mir damit auch nicht klar.
Wenn die wissenschaftliche Methode nichts als der vorwissenschaftliche gesunde Menschenverstand ist, dann ist ja sowieso tautologisch, dass jeder wissenschaftliche Beitrag zur Ethik auf vorwissenschaftlichem gesunden Menschenverstand aufbaut, weil er ja auf der wissenschaftlichen Methode aufbaut.
Wenn Ethik einfach nur rationale Strategie ist, die eigenen Interessen durchzusetzen (die wohl eigentlich philosophisch zentrale kritische Frage) dann ist die Wissenschaft natürlich voll in der Lage, ethische Resultate zu liefern. Ok, vielleicht wäre Technik da schon eine genauere Bezeichnung, aber das wäre ja kaum der Punkt. Ich sage, was ich will (ein schnell fahrendes Auto - eine gute Liebesbeziehung) und der Wissenschaftler kann mir Lösungen vorschlagen (Konstruktionsplan für ein Auto, Verhaltensregeln im Umgang mit Freunden) die optimal dafür sein könnten.
Dir ist es wichtig (weil Du nicht anders kannst), zumindest temporär und im Rahmen einer gewissen Genauigkeit brauchbare Voraussagen treffen zu können. Vermutlich, weil Du das für eine nützliche Sache hältst, die Deinen weltlichen Ambitionen entgegenkommt (philosophisch: Utilitarismus).
Wenn schon dann bitte Instrumentalismus (Utilitarismus war der Schwachsinn mit dem größten Glück für die größte Zahl, was nicht funktioniert weil man das Glück verschiedener Leute nicht addieren kann).
Allerdings ist das nicht so eindeutig. Wahrheit ist ein eigener Wert, Neugier (sagen wir mal Wahrheitsgeilheit) ein unabhängiges Gefühl, Wahrheitssucher haben einfach Vorteile in der Evolution, weil sie zwar auch eine Menge völlig unnützen Quatsch erfahren, und dafür eine Menge Zeit verschwenden, aber darunter halt doch das eine oder andere für sie sehr nützliche erfahren, was ihren Genen beim Weiterverbreiten hilft.
Und so gibt es halt auch den Wahrheitssucher. Für den sind die Voraussagen nichts weiter als eine Methode, die Wahrheit zu finden. Einfach weil ne Theorie die falsch ist oft genug daran erkannt werden kann, dass sie falsches Zeug voraussagt. Der Nutzen der Wahren Theorie ist für den Wahrheitssucher zweitrangig - die Wahre Theorie selbst ist das eigentlich Geile. Aber, nunja, was man halt nebenbei mitbekommt, kann man ja auch verwenden, warum denn nicht.
Aus der Atomtheorie kamen Atombomben und Atomkraftwerke. Ob auch der Theorie der Quarks auch nur irgendwas nützliches rauskommt? Keine Ahnung, interessiert eigentlich auch kein Schwein.